Wer schaut, muss ausweichen
In jeder bevölkerten Fußgängerzone gibt es Passanten, die voranschreiten, ohne andere zu beachten, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Diese Fußgänger scheinen niemanden wahrzunehmen - dennoch müssen sie kaum ausweichen. "Andere nehmen unterbewusst wahr, dass der Entgegenkommende nicht auf seine Umgebung achtet und weichen dann selbst aus", sagt Johannson. Wer die anderen weniger beachtet, ist schneller. "Wenn beide den jeweils anderen wahrnehmen, kann man oft beobachten, dass jeder ausweicht, und meist in die gleiche Richtung." Das dauere länger, da man auf die Signale des Gegenüber reagiert, sagt Johannson.
Bernhard Schlag, Verkehrspsychologe an der Universität Dresden, beschreibt die Wahrnehmung einzelner Verkehrsteilnehmer als "Haarschlauch", eine Art längliche Blase. "Man nimmt sich im Auto oder zu Fuß nicht als einen Punkt war, sondern als ein in die Bewegungsrichtung erweitertes Ich." Dringt jemand in die Blase ein, wird er zunächst unterbewusst wahrgenommen. Die erste Reaktion ist ein geringfügiges Ausweichen, sagt Schlag. "Das kostet am wenigsten Energie und passiert reflexartig." Ist man danach noch immer auf Kollisionskurs, wird gebremst. "Erst jetzt wird einem die Situation wirklich bewusst." Die letzte Ebene ist die verbale. Mit einer Geste oder einem "Entschuldigung" wird die Situation gelöst, falls man tatsächlich aneinandergestoßen ist.
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