Süddeutsche Zeitung

Orang-Utans:Das Sterben der Affen

Lesezeit: 2 min

Auf Borneo nimmt das Sterben von Orang-Utans immer dramatischere Ausmaße an. Die Zahl der Menschenaffen ist auf der südostasiatischen Insel zwischen 1999 und 2015 um etwa 150 000 Tiere zurückgegangen, das berichten Forscher im Fachjournal Current Biology. Im untersuchten Zeitraum habe sich die Population der Primaten auf der Insel somit mehr als halbiert. Orang-Utans waren in Südostasien früher weit verbreitet, heute kommen sie nur noch auf Borneo und der Nachbarinsel Sumatra vor.

Um die Langzeit-Studie umzusetzen, arbeiteten 38 internationale Institutionen zusammen, darunter auch das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. In zahlreichen Expeditionen zählten die Forscher die Nester, die sich die Affen zum Schlafen in den Baumkronen bauen, und schlossen daraus, wie sich die Größe der Orang-Utan-Population über die Jahre veränderte. Zudem werteten sie Karten aus, auf denen die Oberfläche der Insel dargestellt war, um so zu beobachten, wo Wälder abgeholzt und Plantagen errichtet wurden.

Insgesamt konnten die Forscher 36 555 Nester ausmachen. Aus deren Verteilung schlossen sie, dass es heute noch 64 verschiedene Orang-Utan-Gruppen gibt, die verteilt auf der Insel leben. Jedoch umfassten nur 38 von ihnen, so schreiben es die Wissenschaftler, mehr als 100 Tiere, was für die dortigen Affen-Gruppen als Untergrenze für eine stabile Größe angesehen wird.

Das größte Problem: Der Mensch nimmt den Affen den Lebensraum weg

Die Mehrheit der Menschenaffen starb nach Angaben der Leipziger Biologin Maria Voigt eines "unnatürlichen Todes". Das größte Problem sei, dass der Mensch den Affen den Lebensraum wegnehme. Den stärksten Rückgang beobachteten die Forscher in Gebieten, die abgeholzt oder in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt wurden. Im letzten Jahrzehnt wurden auf Borneo und Sumatra mehr als sieben Millionen Hektar Regenwald abgeholzt und abgebrannt - eine Fläche so groß wie Bayern. Anstelle des Dschungels wachsen jetzt Palmöl-Plantagen.

Von den zwei Inseln kommt ein Großteil des Palmöls, das die Welt verbraucht. Das hochwertige Fett ist vielseitig brauchbar. Es steckt in Tiefkühlpizzen, Lippenstiften, Biodiesel, Schokolade, Speiseeis. Indonesien und Malaysia sind die beiden wichtigsten Produzenten. Von jährlich weltweit mehr als 60 Millionen Tonnen kommen 85 Prozent von dort. Die Regierungen loben die Konzerne, weil sie Steuern und Arbeitsplätze bringen. Für Tier- und Umweltschützer sind sie ein Hassobjekt.

Die Gesetze zum Schutz der Wälder sind immer noch recht lax. Ein Moratorium, das die Vergabe von neuen Konzessionen einschränken sollte, hat nicht viel gebracht. Der Chef der Tierschutzorganisation Borneo Orangutan Survival, Jamartin Sihite, sagt: "Hier kommst du ins Gefängnis, wenn du einen Orang-Utan umbringst. Aber wenn du einen ganzen Wald abholzt und der Orang-Utan daran krepiert, passiert dir überhaupt nichts."

Die Forscher fordern nun, dass mit den agierenden Unternehmen Partnerschaften eingegangen werden müssten, in deren Rahmen der Schutz der Orang-Utans eine Rolle spiele. Das helfe, einen weiteren Rückgang der Population zu stoppen. Darüber hinaus müsse auch die Bevölkerung auf das Problem aufmerksam gemacht werden, denn neben der industriellen Forstwirtschaft stellen auch Wilderer eine Bedrohung dar. Sollte niemand einschreiten und alles gehe weiter wie bisher, befürchten die Forscher, dass bis ins Jahr 2050 erneut etwa 50 000 Affen verschwinden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3868824
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/jhs
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.