Süddeutsche Zeitung

Ölpest vor Neuseeland:Helfer kämpfen gegen die Zeit

An mehreren Stellen haben sich tiefe Risse in den Rumpf des havarierten Frachters "Rena" gefressen. Die Lage des Schiffes ist äußerst prekär und die Nerven der Helfer sind zum Äußersten gespannt. Einen weiteren Sturm würde der Frachter nicht aushalten - doch der Wetterbericht macht wenig Hoffnung.

Urs Wälterlin

Ein "nervenzerreißendes Reiben von Stahl gegen Stahl" habe er gehört, sagt der neuseeländische Kapitän Jon Walker, als er am Sonntag mit seinem Schiff neben dem gestrandeten Frachter Rena ankert. Walker ist Chef von Dutzenden internationalen Marine-Bergungsfachleuten.

Auch am Wochenende versuchten die Mannschaften, gut 1346 noch im Wrack verbleibende Tonnen Schweröl abzupumpen, bevor das mit Hunderten von Containern beladene Schiff auseinanderbricht. "Man kann den Stahl hören, wie er gegen den Felsen kracht. Wenn man im Schiff ist, hört man auch die Bewegungen der Container auf Deck. Das geht ganz schön an die Nerven", so der Bergungsspezialist.

Die Arbeiten gehen wegen der Instabilität des sich stark neigenden Schiffes nur langsam voran. Mit einer eigens eingeflogenen Schraubpumpe wird der Treibstoff abgesaugt. Das toxische Schweröl ist nicht flüssig wie Dieselöl, sondern hat die Konsistenz eines Brotaufstrichs.

Die Regierung fürchtet, das Schiff könnte jede Minute auseinanderbrechen. Der Rumpf ist an verschiedenen Stellen eingerissen. Während der Vorderteil auf dem Riff liegt, hängt das Hinterteil über einer 50 Meter tiefen Unterwasserschlucht. Am Sonntag warnte das neuseeländische meteorologische Institut vor einer erneuten Verschlechterung der Wetterlage.

Ein Sturm dürfte der Rena den Rest geben, so Experten. Das Frachtschiff war vor über einer Woche bei gutem Wetter auf ein Riff gelaufen. Am Sonntag hieß es in Wellington, der inzwischen verhaftete Kapitän und sein Steuermann hätten möglicherweise eine Abkürzung nehmen wollen, um früher im Hafen von Tauranga einlaufen zu können.

An den Stränden sind Tausende von Freiwilligen daran, das Gift aus dem Sand zu entfernen. Mehrere hundert Tonnen Abfall wurden bereits eingesammelt. Auch der Inhalt mehrerer Container, die in den letzten Tagen vom Schiff gefallen waren, musste weggeräumt werden. Bis zu 400 Tonnen Schweröl sollen seit dem Unglück ins Meer gelaufen sein. Zehn Tonnen konnten aus dem Wrack bisher abgepumpt werden.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2011/leja
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