Ölpest an Chinas Küste:Schmierige Beziehungen

Eigentlich soll das Eintreten für den Umweltschutz auch ein Kriterium bei der Beförderung von chinesischen Regierungsmitarbeitern sein, die Wirklichkeit sieht aber anders aus.

Henrik Bork

Die Explosion der chinesischen Wirtschaft geht unvermindert weiter. Mit 11,1 Prozent ist das Bruttoinlandsprodukt der Volksrepublik in der ersten Jahreshälfte gewachsen. Eine Kehrseite dieses rasanten, von der Kommunistischen Partei nur mühsam und unwillig begrenzten Wachstums ist die zunehmende Abhängigkeit des Landes von Ölimporten.

Fishermen clean up oil from the oil spill site in Dalian

Fischer kämpfen gegen die Ölpest an der Küste des Gelben Meeres. Im Schnitt gibt es in China derzeit zweimal im Jahr eine Ölpest, berichtet die Zeitschrift "Xinwen Zhoukan".

(Foto: Reuters/Greenpeace)

90 Prozent des eingeführten Öls wird in riesigen Tankern über die Weltmeere transportiert - auch das nun in der Bucht von Dalian die Strände verklebende Rohöl.

Genauso exponentiell wie die Importe ist in China in den letzten zwei Jahrzehnten die Gefahr von kleinen, mittleren und größeren Ölunfällen gestiegen. Immer größere Öltanker warten vor Chinas Häfen auf ihre Löschung. An Land werden immer mehr Tanks aufgestellt und Rohre verlegt, um den Rohstoff weiterzuleiten.

Statistiken sind in China notorisch unzuverlässig. Immerhin aber berichtet die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua, dass es in der Volksrepublik zwischen 1973 und 2006 insgesamt 2635 Zwischenfälle mit Öl gegeben habe. Immerhin 69 davon seien schwere Unfälle gewesen, bei denen jeweils mehr als fünf Tonnen Öl ausgelaufen sind. Im Schnitt gebe es in China derzeit zweimal im Jahr eine Ölpest, berichtet die Zeitschrift Xinwen Zhoukan.

Die Regierung in Peking reagiert mit einer allmählichen Verschärfung von Sicherheitsvorschriften in den Häfen, so auch jetzt wieder nach dem Unglück in Dalian. Das Problem mit diesen Bestimmungen ist allerdings, dass es meist mit ihrer Umsetzung hapert.

Die Regierung evaluiert die kommunistischen Kader zwar seit einigen Jahren offiziell auch aufgrund ihrer "Ökobilanz" - in Orten, wo wenig Unfälle passieren, sollen angeblich die Beförderungschancen steigen. In Wahrheit aber, sagen Parteimitglieder in vertraulichen Gesprächen, seien beim Aufstieg nach wie vor gute Beziehungen zu hochrangigeren Parteifunktionären und die örtlichen BIP-Zahlen entscheidend. Ein auffälliger Unterschied zwischen der amerikanischen Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und der chinesischen in Dalian ist die öffentliche Rolle des verantwortlichen Ölkonzerns.

BP hilft nicht nur aktiv bei der Beseitigung der Ölpest, sondern musste sich auch öffentlich entschuldigen. Der CEO hat seinen Rücktritt angekündigt. Nichts dergleichen ist in China passiert.

Der gigantische, mächtige Staatsbetrieb "China National Petroleum Corporation" (CNPC) ist seit Beginn der Katastrophe in China völlig unsichtbar geblieben. Auf keiner der ohnehin zensierten Pressekonferenzen, die gestresste Lokalpolitiker in Dalian abhalten mussten, war ein Vertreter dieses chinesischen Ölriesen anwesend.

CNPC und drei andere mitverantwortliche Firmen hätten sich bislang "weder in irgendeiner Form bei der Bevölkerung entschuldigt, noch einen Öko-Kompensationsplan veröffentlicht", schreibt die Chinesische Wirtschaftszeitung. Sowohl der Chef des Ölkonzerns, als auch die örtlichen Politiker und die Chefredakteure der staatlichen Medien wurden allesamt von derselben Partei ausgewählt und ernannt.

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