OECD-Index: Lebensqualität:Deutschland ist Durchschnitt

Berufsleben, Bildungswesen, soziales und politisches Leben, Gesundheit, Umwelt und Sicherheit - dem neuen OECD-Index zur Lebensqualität zufolge schneidet Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern in vielen Bereichen eigentlich gut ab. Trotzdem sind nur 56 Prozent der Deutschen mit ihrem Leben zufrieden.

Christian Weber

Der Regen, die Politik, das ZDF, nicht zu vergessen das Grauen der Fußgängerzonen; es gibt viele Gründe aus Deutschland auszuwandern - die Frage ist: wohin? Hilfestellung leistet ein neuer, auf ausführlichen Statistiken beruhender OECD-Index, der die Lebensqualität in seinen 34 Mitgliedsstaaten bewertet.

Volle Einkausstrassen in Muenchen

Deutschland liegt im Lebensqualität-Index im oberen Mittelfeld und erreicht bei fast allen Indikatoren Werte über dem OECD-Mittel.

(Foto: dapd)

Dieser ist besonders aussagekräftig, da er nicht nur eine allgemeine Rangordnung aufstellt, sondern nach 21 Kriterien aus elf Lebensbereichen getrennt bewertet. So kann jeder auf der Webseite der Organisation (www.oecdbetterlifeindex.org) selber nach einem geeigneten Land suchen: Sind einem etwa die Verhältnisse im Berufsleben und Bildungswesen besonders wichtig, das soziale und politische Leben oder Gesundheit, Umwelt und Sicherheit?

Besonders gut schneiden Australien und Kanada ab, die bei elf Kriterien in der Spitzengruppe der oberen 20 Prozent der OECD-Länder liegen - unter anderem beim Einkommen, der Beschäftigungssicherheit, der Gesundheit und der Unterstützung durch soziale Netzwerke.

Potentielle Einwanderer sollten allerdings beachten, dass der Index auch ein Warnsignal verzeichnet: Gemeinsam mit Estland, Japan und Mexiko gehören Australien und Kanada zu den Ländern, in welchen den Menschen am wenigsten Zeit für private Unternehmungen bleibt.

Über eine ausgewogenere Work-Life-Balance verfügen eher Menschen in nördlicheren Ländern wie Norwegen, Schweden und Dänemark mit je acht sowie die Niederlande und die Schweiz mit sieben Spitzenplatzierungen. Überraschenderweise erreichen Schweden und Dänemark bei der Wohnqualität schlechte Werte, angeblich weil besonders viele Häuser ohne Innen-WC auskommen müssen.

Vielleicht liegt das aber auch daran, dass gerade in diesen Ländern viele Familien Ferienhütten besitzen, die naturgemäß schlicht ausgestattet sind. Der guten Stimmung scheint das Plumpsklo jedenfalls nicht zu schaden: In diesen beiden Ländern wie auch in Australien, Kanada, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz geben die Menschen in Umfragen die größte Lebenszufriedenheit an. Esten, Griechen, Ungarn, Polen, Portugiesen und Türken sind hingegen eher unglücklich.

Deutschland liegt im Lebensqualität-Index im oberen Mittelfeld und erreicht bei fast allen Indikatoren Werte über dem OECD-Mittel: So betrug im Jahre 2008 das durchschnittliche Haushaltseinkommen in Deutschland 27.665 Dollar, höher als der OECD-Durchschnitt von 22.284 Dollar. Fast 71 Prozent der 15 bis 64-jährigen haben eine bezahlte Arbeit (OECD: 65 Prozent).

Auch die Luft ist in Deutschland sauberer als in den meisten anderen Staaten. Aber wirklich spitze ist es nur bei der Freizeit: Die Deutschen arbeiten 1390 Stunden im Jahr; der OECD-Durchschnitt beträgt immerhin 1739 Stunden. Zu erklären bleibt, wieso dennoch überdurchschnittlich wenige Deutsche bekunden - nämlich nur 56 Prozent - dass sie mit ihrem Leben zufrieden seien.

Linktipp: Die Internet-Radiomacher von Freakonomics haben sich vor kurzem mit dem Bruttoinlandsprodukt beschäftigt, dem BIP, das bisher als Leitindex für den Wohlstand einer Gesellschaft gilt. Doch das BIP wird kritisiert, weil es sich quasi allein auf den wirtschaftlichen Umsatz im Land bezieht. In ihrem Podcast schauen die Freakonomics-Macher auf den Human Development Index, der die Wohlfahrt ähnlich wie der OECD-Index besser darstellen soll (auf Englisch).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: