Terroristen zünden in einer westlichen Großstadt eine Atombombe - dieses Szenario halten Sicherheitspolitiker bis hin zu US-Präsident Barack Obama für eine der schwerwiegendsten Bedrohungen.
Experten streiten darüber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich eine Terror-Organisation einen funktionstüchtigen Sprengkopf verschafft oder selbst eine Bombe baut. Einig sind sich die Fachleute aber, dass es nicht leicht wird, die Urheber eines nuklearen Terroraktes dingfest zu machen oder Staaten zu überführen, die ihnen geholfen haben.
Die Hoffnungen dafür ruhen auf der nuklearen Forensik. Deren Ansatz konzentrierte sich bisher darauf, anhand der radioaktiven Überreste die Herkunft eine Bombe nach der Explosion zu identifizieren. Nun hat ein fünfköpfiges Team des amerikanischen National Institute of Standard and Technology erstmals eine Studie veröffentlicht, in der Rückschlüsse auf die nichtnuklearen Komponenten einer Bombe gezogen werden ( PNAS, online). Die Wissenschaftler um Albert Fahey haben Überreste des ersten US-Atomtests am 16. Juli 1945 untersucht. Sie vergleichen ihre Ergebnisse mit dem bekannten Aufbau der Bombe.
In der glasähnlichen, grünlichen Substanz Trinitit, abgeleitet von Trinity, dem Code-Namen des Tests, wiesen sie mit aus der Geologie stammenden mikroanalytischen Methoden andere Bestandteile der auf Plutonium basierenden Bombe nach, etwa natürliches Uran, das als Reflektormaterial zum Einsatz kam. Zugleich konnten sie ausschließen, dass das Uran aus Mineralien in der Umgebung stammte, und nicht aus dem Sprengsatz.
Auf gleiche Weise, argumentieren sie, ließen sich nach einem Anschlag mit einem nuklearen Sprengkörper wichtige Hinweise finden, die es erlauben, zumindest den Produktionsort einzugrenzen. Das würde bei einer Untersuchung helfen, denn um den Fingerabdruck des verwendeten Spaltmaterials eindeutig auf eine Nuklearanlage zurückführen zu können, benötigen die Forensiker eine Vergleichsprobe.
Von vielen Anlagen, in denen waffenfähiges Plutonium oder Uran produziert wurde, liegen diese aber allenfalls Geheimdiensten vor. Zudem wäre damit nur die Quelle des Spaltmaterials bestimmt, nicht aber, wer letztlich die Bombe gebaut hat.
Diese Lücke könnte die Analyse der nichtnuklearen Bestandteile schließen helfen, argumentieren die Forscher. Sie nehmen an, dass Terroristen Materialien aus lokalen Quellen für die übrigen Komponenten verwenden würden, Blei etwa oder Aluminium. Diese ließen sich im Schutt nach einer Explosion ausfindig machen und - aufgrund der spezifischen Zusammensetzung - möglicherweise sogar bis auf eine einzelne Mine zurückverfolgen.
Der Nuklearforensiker Klaus Mayer vom Institut für Transurane der Europäischen Kommission bei Karlsruhe spricht von einem "interessanten Ansatz, nicht nur auf das spaltbare Material zu schauen". Zugleich verweist er darauf, dass die USA während des Kalten Kriegs ähnliche Analysen gemacht haben, um die Konstruktionsprinzipien der sowjetischen Nuklearwaffen zu verstehen. Nur veröffentlicht wurde so ein Resultat noch nie.