Die Durchgeknallten
"Manchmal bin ich in einem Zustand, in dem besondere Dinge passieren können." (Brian Josephson, Physik-Nobelpreis 1973)
Endlich dürfen sie. So mögen jene Laureaten denken, die nach der Auszeichnung allerlei Theorien aufstellen, die andere Wissenschaftler als bizarr empfinden. Bei Luc Montagnier (Bild) war es 2008 soweit, nachdem er zusammen mit Françoise Barré-Sinoussi den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung des HI-Virus erhalten hatte. Seitdem meldet Montagnier sich regelmäßig mit kruden Ideen, die seine Kollegen von Jahr zu Jahr stärker irritieren. Aids ließe sich allein mit einem guten Immunsystem bekämpfen, behauptete Montagnier im vergangenen Jahr. In diesem Sommer publizierte er eine Studie, in der er eine bislang unbekannte Eigenschaft der DNS belegt haben will: Die Erbgut-Substanz - allerdings nur die von krankmachenden Bakterien und Viren - induziere elektromagnetische Wellen, wenn man die Lösung mit der DNS stark verdünne. Wobei stark bedeutet: So sehr verdünnt, dass sich im Wasser kein einziges DNS-Molekül mehr befinden kann. Was aber laut Montagnier nichts macht, weil sich das Wasser an die DNS-Moleküle erinnern kann - Homöopathie-Anhänger sind begeistert.
Unterstützung erhalten sie von einem weiteren Laureaten: Der Physiker Brian Josephson ist inzwischen gefragter Redner auf Esoterik-Kongressen, Parapsychologe mit Hang zur Telepathie und Inhaber eines Lehrstuhls für theoretische Festkörperphysik an der Universität Cambridge, dem sämtliche Forschungsgelder gestrichen wurden. Auch Linus Pauling, Träger des Chemie- (1954) und des Friedens-Nobelpreises (1962), propagierte im Alter eine bizarre Idee. Ihn interessierte nur noch, wie sich die Menschheit von Allergien, Krebs, Infektionen und anderen Leiden befreien ließe. Paulings Antwort: Vitamin C. Gesunden Menschen empfahl der Nobelpreisträger, einer der größten Chemiker seines Jahrhunderts, zehn Gramm davon täglich, Krebskranken die fünffache Menge - so viel, wie in mehr als 100 Kilo Orangen enthalten ist. Kurz vor seinem Tod versprach er, dass sich so die Lebenszeit um ein Vierteljahrhundert verlängern ließe.