Neurowissenschaft:Elon Musk plant Computer-Implantate fürs Gehirn

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Mit derartigen Robotern sollen die Implantate einst ins Gehirn verpflanzt werden (Foto: REUTERS)
  • Tesla-Chef Elon Musk hat das Projekt Neuralink vorgestellt. Die Firma soll Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer entwickeln.
  • Grundidee ist es, mit Elektroden, Sensoren und Apps dem Gehirn beim Denken zuzusehen, um künftig beispielsweise neurologische Erkrankungen zu behandeln.
  • Ende 2020 soll das Projekt in die klinische Phase gehen. Dann sind erste Studien mit Querschnittsgelähmten geplant. Eine Genehmigung der Behörden steht allerdings noch aus.

Von Tobias Herrmann

Dass Elon Musk ein Mann großer Worte ist, war am Dienstag in San Francisco ein weiteres Mal zu bestaunen. Mit beeindruckenden Bildern und Videos stellte er sein neuestes Projekt vor: Neuralink. Damit soll der Mensch eine Art "Symbiose mit Künstlicher Intelligenz" eingehen können, kündigt der Milliardär an - und man fühlt sich unweigerlich an die anderen, dagegen fast schon bescheiden anmutenden Projekte von Musk erinnert. Wie schon mit Tesla oder SpaceX will er auch mit seinem neuesten Start-Up nicht weniger als die Menschheit retten. Dabei trifft auf Neuralink weder "neu" noch "Start-Up" zu, immerhin soll Musk seit 2016 bereits 100 Millionen Dollar in Neuralink investiert haben. Und gegenwärtig sind dort 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Grundidee von Neuralink ist, dank einer Kombination von Elektroden, Sensoren und App dem Gehirn beim Denken zuzusehen. Dieser Zugang könnte eines Tages helfen, etwa neurologische Erkrankungen zu behandeln. "Wir wollen mit Neuralink das menschliche Gehirn verbessern", sagt Musk. Teile der Technik wurden nun vorgestellt. Das Kernstück bildet ein wenige Millimeter großer Sensor, der in das Gehirn implantiert wird. Den Kontakt mit den Nervenzellen stellen Elektroden her, die über dünne, flexible Fäden mit dem Sensor verbunden sind. Die Elektroden haben dabei gleich zwei Schlüsselaufgaben: Sie messen die Aktivität der als Neurone bezeichneten Nervenzellen - und sollen diese durch elektrische Impulse auch stimulieren. Gesteuert wird der Sensor über einen Bluetooth-Empfänger, der, ähnlich wie ein Hörgerät, hinter dem Ohr platziert und über eine Smartphone-App kontrolliert wird. Langfristig soll auf diese Weise das Gehirn wie andere Geräte auch mit Computern verbunden werden. Der Mensch soll mit Hilfe seiner Gedanken kommunizieren.

Ende nächsten Jahres sind erste Versuche an Menschen geplant

Wem das noch nicht genug Science-Fiction oder Cyborg-Analogie ist: Die Operation, bei der der Sensor ins Gehirn implantiert wird, soll ein Operationsroboter durchführen, der ebenfalls von Neuralink entwickelt wurde. "Letztendlich soll die Operation so einfach sein wie Lasik", erklärt der Neurochirurg und Leiter des Operationsteams von Neuralink, Matthew McDougall. Lasik ist eine Augenoperation mithilfe eines Lasers, die seit vielen Jahren Standard in der Augenheilkunde ist und Fehlsichtigkeit beseitigt. Ob Neuralink diesen Status jemals erreicht, darf jedoch bezweifelt werden. Selbst wenn die Technik wie geplant funktionieren sollte, ist beispielsweise noch völlig offen, ob die gemessenen elektrischen Signale überhaupt etwas Konkretes aussagen.

Ende 2020 soll das Projekt in die klinische Phase gehen. Dann sind erste Studien mit Querschnittsgelähmten geplant. Mit Elektroden und Sensoren sollen die Teilnehmer zum Beispiel ihr Smartphone bedienen - einzig durch Gedankenkraft. Das Ergebnis dieser Studien kann natürlich nicht vorausgesagt werden, allerdings ist gegenwärtig sogar unsicher, ob es überhaupt zu den Experimenten kommt. Zunächst muss Musks Unternehmen eine größere Hürde nehmen: Eine Zulassung der FDA, der US-Arzneimittelbehörde. Und das, sagt Musk, könnte "sehr langwierig werden."

Das gesamte Projekt steht also noch auf wackligen Füßen. Gerade deshalb wirkte die Präsentation etwas vorschnell. In diesem Fall dürfte jedoch durchaus Kalkül hinter den vollmundigen Versprechen des Unternehmers stecken. Denn wie Musk selbst einräumt: "Die Präsentation war in erster Linie dazu gedacht, neue Talente anzusprechen."

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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