Neuheiten, die die Welt noch braucht:Wer sucht, erfindet

Ingenieure aufgepasst: Parkplätze, Fahrkarten, Strumpfhosen und E-Mail-Blocker - aus geheimen Wünschen der SZ-Redaktion könnten die Innovationen des Jahres 2009 werden.

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Neuheiten, die die Welt noch braucht

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Ingenieure aufgepasst: Parkplätze, Fahrkarten, Strumpfhosen und E-Mail-Blocker - aus geheimen Wünschen der SZ-Redaktion könnten die Innovationen des Jahres 2009 werden.

Brabbelfisch

Im Irak-Krieg haben die Amerikaner einen Handcomputer für englisch-arabische Simultanübersetzung getestet: Babel-Fish hieß die von der US-Militäragentur Darpa entwickelte Wunderwaffe. Im Sprachenbabel Schlachtfeld half es, riskante Wortgefechte dergestalt zu präzisieren, dass man vorn englisch reinsprechen konnte, und hinten kam Arabisch raus.

Warum gibt es so etwas nicht auch für zivile Hochrisiko-Zonen, Kleinkinderzimmer zum Beispiel? Wer je die Tücken der frühen Sprachentwicklung ausgelotet hat, der weiß, von welch unschätzbarem Wert ein Simultanübersetzer für Babygebrabbel wäre. Das Kind könnte in den Brabbelfisch vorne reinschimpfen: "Ti! Ba!" Und der bislang ratlose Vater erführe endlich, was gemeint ist: "Hol den Tee! Er steht im Badezimmer!" Oder: "Der Tee ist ausgelaufen! Ich habe ihn mit dem Ball umgeschossen!" Das macht immerhin einen gewaltigen Unterschied.

Der Anderthalbjährige, dessen alltäglicher Erforschung diese Beispielaussagen entnommen sind, sagt zu sich selbst "du" statt "ich", weil er meist geduzt wird, und mit "mein" ist ausschließlich sein Bobbycar gemeint, an dem er offenbar das Konzept des Besitzens studiert. "Du! Mein!" heißt: "Würde mir bitte jemand beim Besteigen des Bobbycars behilflich sein!" Zeit für den Brabbelfisch!

Text: phw Foto: AP

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Eierthermometer

Weil kein Ei dem anderen gleicht, gibt es Krach beim Frühstück. Nicht immer, aber oft genug, um das Ei hassen zu lernen. Wer auf 734 Meter über dem Meeresspiegel lebt, braucht normalerweise bei 1013 Hektopascal sieben Minuten und 16 Sekunden für ein Ei, dessen Konsistenz die Lebenspartnerin zufriedenstellt.

Nun ist die Abmessung von sieben Minuten und 16 Sekunden an sich keine große Sache, wenn der Chronometer am linken Handgelenk funktioniert und das Wetter schön ist (kein Föhn). Aber erstens gilt es, nebenbei die Espressokanne auf dem Gasherd zu beobachten, das Brot zu schneiden, die Wust so zu drapieren, dass die alten Scheiben unten liegen, und die Milch zu erhitzen, was schon für sich ein Abenteuer ist.

Es gibt heutzutage elektronische Einparkhilfen, sich selbst steuernde Aufzüge, von der Fahrt zum Mond ganz zu schweigen. Warum gibt es kein Eierthermometer, das, analog zu seinem Bruder im Braten, anzeigt, wann die Glibberphase vorbei und die Härtung gerade noch nicht eingetreten ist? An der Schale kann's nicht liegen. Das Ei hat ja schon ein Loch, damit es nicht platzt.

Text: fok Foto: ddp

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Google Parking

Immer mehr werden die Stadtteile, in denen nach sieben Uhr abends nur noch die Entscheidung bleibt, wie herum man um die Häuserblocks fährt. Das Auto einfach loswerden funktioniert nicht mehr. Statistisch gibt es offensichtlich nur 0,1 Parkplätze pro Herumfahrer. Und 100Prozent aller frei werdenden Parkplätze gehen an den, der gerade vor einem selbst herumfährt. Fazit: Diese Art der Parkplatzsuche kostet Zeit, belastet die Nerven und ist nicht CO2-neutral. Gesucht wird daher ein automatischer Parkplatzsucher. So etwas wie Google Parking.

Ob dabei die Lücke via GPS oder mit Sensoren in der Fahrbahndecke identifiziert wird, dürfen sich die Ingenieure überlegen. Die Parkplatzverteilung im Viertel ist dann nur noch ein mathematisches Problem. Wer vor seinem Ziel ankommt, meldet sich als Suchender im System und wartet, bis einem ein handliches Gerät mitteilt, in wie vielen Minuten ein Parkplatz in der Nähe frei wird. Als Parkplatzsucher könnte man in der Zwischenzeit den Motor abstellen, entspannt Musik hören, Benzin sparen und warten, bis Leuchtstreifen im Boden den Weg in die Parkzone weisen.

Text: fils Foto: ddp

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Paar-Finder

Bei der Lösung kleiner Alltagsprobleme helfen manchmal nur radikale Lösungen: zum Beispiel acht Paar Socken auf einmal zu kaufen. Dann taucht aus der gewaschenen Wäsche nicht ständig der anthrazitgraue Strumpf von Hugo zusammen mit dem schwarzen von H&M auf. Und wo kommt eigentlich immer der einzelne Blaue her?

Allerdings schützt auch die Acht-Paar-auf-einmal-Taktik nicht davor, dass die daraus resultierenden 16 Socken plötzlich nach links und rechts zu unterscheiden sind. Und aus der gewaschenen Wäsche natürlich immer sechs Linke und vier rechte auftauchen. Dringend vonnöten (und eine echte "Killerapplikation", wie man heute sagt) wäre also die Zweitesockensuchmaschine.

Sie würde nach dem Waschgang alle zusammen gehörenden Socken zusammenlegen und als handliche Knödel schrankfertig ausspucken. Einziger Nachteil wäre, dass die Waschmaschinenindustrie ihr bislang sorgsam gehütetes Geheimnis preisgeben müsste: Moderne Waschmaschinen speisen sich längst nicht mehr mit elektrischem Strom: Sie verdauen einzelne Socken.

Text: pai Foto: dpa

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Das E-Mail-Abwehrschild

Daniel Kehlmann sagte neulich, er glaube, "dass Handy, E-Mail und iPod die größte Veränderung unserer Lebenswirklichkeit seit der industriellen Revolution bedeuten. Wir haben noch nicht mal angefangen, das zu verstehen." Ich schon. Es bedeutet nämlich, dass ich mich nicht mal mehr ansatzweise dings, ähm, na, Moment, ich muss nochmal das Kehlmann-Interview zu Ende, genau: konzentrieren kann. Also nicht mehr konzentrieren kann. Bedeutet es.

Ich soll ja möglichst viele Texte schreiben, dafür werde ich bezahlt. Es geht aber nicht, weil - Sekunde, meine Mailbox klingelt ... Also, wo waren wir, genau, es geht nicht, ich komme nicht voran, weil, "Ja, Rühle? Kann ich Sie zurückrufen? Danke.", weil, wie die Amerikanerin Maggie Jackson in ihrem Buch "Distracted - The Erosion of Attention" beschrieb, die normale Büromonade gar nicht mehr dazu in der Lage ist, länger als ein paar Minuten am Stück, weshalb mittlerweile sogar unsere Syntax erodiert, Moment, ich such mal kurz den Link zum Buch ...

Tschuldigung, hat etwas länger gedauert als die normalen 23 Minuten, die man im Durchschnitt vertändelt, wenn man erstmal abbiegt in den Weltzerstäuber Internet, weil da war dann noch so ein Gewinnspiel, und auf diesem einen amerikanischen Blog stand was über die wichtigsten Wünsche für 2009. Ich habe überhaupt nur einen einzigen Wunsch für 2009: Eine Maschine, die nur einmal am Tag erlaubt, das Internet aufzumachen. Und einmal am Tag die Mailbox.

Möge diese Maschine strenger über mich wachen als Wladimir Putin über das russische Volk, möge sie nie, nie, nie mit sich verhandeln lassen, auf dass ich wieder in Ruhe vor mich hin schreiben kann, in weit ausschwingender Syntax, incl. Nebensätze.

Text: rueh Foto: dpa

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Hüftstrumpfhosen

Frauenmode - verstehe es, wer will - wird zu 95 Prozent von Männern gemacht, die behaupten, Frauen zu mögen / Frauen zu bewundern / Frauen noch viel schöner machen zu wollen. Diesen Männern verdanken wir die Erfindung des Hüftrocks und der Hüfthose, deren Bund genau auf der Höhe endet, wo der Hintern so richtig konkret wird. Manchmal auch drunter.

Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden, obwohl die Designer hier gleich zwei der insgesamt drei weiblichen Problemzonen (Bauch-Beine-Po) ins Blickfeld rücken und Myriaden von Frauen dabei möglicherweise genauso überschätzen wie diese sich selbst.

Endgültig vorbei ist es mit dem Einfühlungsvermögen aber beim Darunter. Die aktuelle Mode sieht vor, dass Frauen in wollenen Hüft-Minis oder fadenscheinigen Schmalspurjeans durch den Winter stöckeln, sie stellt also vor die Wahl zwischen Frostbeule und Feinstrumpfhose. Bei der Strumpfhose gibt es aber ein Problem: Sie ist nicht mitgeschrumpft. Ihr Bund reicht wie zu Großmutters Zeiten bis unter die Achseln, muss runtergerollt werden und zeichnet sich unterm Pulli als Wulst ab, der außerdem den Bauch einklemmt. Wenn der Pulli mal hochrutscht, wird der Wulst öffentlich. Darum, liebe Designer, wenn ihr uns wirklich mal was Gutes tun wollt: Die Hüftstrumpfhose ist überfällig.

Text: tar Foto: AP

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Zeitbremse

Mit Wünschen lebt man generell gesprochen, in der Gefahr, dass sie erfüllt werden. Und zweitens enthüllt man, ebenfalls ganz generell gesprochen, mit der Formulierung eines Wunsches oft ein eigenes Defizit. In diesem speziellen Fall ist Ersteres wenig wahrscheinlich und Letzteres in Kauf zu nehmen. Also: Eine Maschine sollte her, mit der man die Welt um sich herum für kurze Zeit anhalten kann, bis man den eigenen Kram fertig hat, um sich ihr dann befriedigt wieder zuzuwenden. Eine Art Pausentaste für den Rest der Welt, sozusagen.

Hollywood hat das natürlich schon erfunden. Adam Sandler bekam in "Klick" eine universelle Fernbedienung, mit der Ehestreits vorspulen oder beim Anblick einer schönen Joggerin die Zeitlupe einschalten konnte. So ausgefallen muss es gar nicht sein. Man müsste einfach nur mal genug Zeit haben, um im eigenen Tempo die Sachen zu erledigen. Allerdings müsste vorher sichergestellt werden, dass es weder schädlich noch unangenehm ist, andere Menschen auf Pause zu schalten. Vielleicht sollte ich es zuerst an mir selbst ausprobie...

Text: cris Foto: AP

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Her mit dem Ticket!

Fahrkartenautomaten sind launische Maschinen. Nie weiß man, wie sie reagieren, wenn sie mit einem Ticketwunsch behelligt werden. Laut Münchner Verkehrs- und Tarifverbund ist alles ganz einfach: "Man wählt eine Fahrkarte, es klickt, man wirft Geld in den Automaten, es schnarrt und surrt eine Weile - schon blinkt es unten am Ausgabeschacht und die Fahrkarte ist fertig!"

Wer weiterliest, ahnt, dass auch dem MVV das Innenleben seiner Automaten nicht geheuer ist: "Ganz einfach, wie es scheint. Aber hinter der glatten Fassade des Fahrkartenautomaten passiert so einiges, bis man die Fahrkarte entnehmen kann." Das kann dauern. Zunächst spuckt der Automat den Geldschein immer wieder aus, egal wie man ihn dreht und wendet; egal ob man ihn linksbündig, rechtsbündig oder mittig in den Schlitz steckt. Denkt die Maschine, es handele sich um Falschgeld? Kann er nicht wechseln? Empfindet er den Zehn-Euro-Schein als Zumutung? Hat er eine Art maschinellen Noro-Virus?

Zum Glück hat die S-Bahn sowieso Verspätung. Minuten später entschließt sich der Automat aus unerfindlichen Gründen doch noch, eine Fahrkarte auszuwerfen. Dass er das Wechselgeld von sieben Euro siebzig in Form von 50- und 20-Cent-Münzen ausspuckt, ist sicher freundlich gemeint - Kleingeld für das nächste Mal. "Der Kauf einer Fahrkarte ist heutzutage eine Sache von Sekunden", schreibt der MVV. "Konstrukteure haben in jahrzehntelanger Denkarbeit dafür gesorgt, dass dieser Vorgang immer weiter perfektioniert wurde." Ein Vorgang, der offenbar noch immer voll im Gang ist.

Text: tiba Foto: Heddergott

Mehr Wünsche der SZ-Redakteure finden Sie im Ressort Wissen der SZ-Print-Ausgabe vom 31.12.08/1.1.09.

(SZ vom 31.12.08,1.1.09/reb)

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