Neuer Skandal in Regensburg:Eine Dissertation für zwei

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Nach dem Organ-Skandal nun ein Doktor-Skandal: Die Universität Regensburg wird der Ehefrau des mutmaßlichen Hauptverantwortlichen im Organsspende-Skandal vermutlich den Doktortitel entziehen. Denn ihre Dissertation ist der Doktorarbeit ihres Mannes verdächtig ähnlich.

Von Christina Berndt

In der Chirurgischen Uniklinik in Regensburg ging nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Daran besteht kein Zweifel, seit dort im Sommer Manipulationen bei der Vergabe von Spenderlebern bekannt wurden. Aktuelle Vorgänge werfen nun auch ein schlechtes Licht auf die wissenschaftliche Arbeit an dieser Klinik.

Wie die SZ aus Klinikkreisen erfuhr, will die Universität der Ehefrau des mutmaßlichen Hauptverantwortlichen im Organskandal von Göttingen und Regensburg ihren Doktortitel entziehen. Die Ehefrau ist Zahnärztin, hat aber - ebenso wie ihr Mann - in Regensburg über die Behandlung von Leberkrebs promoviert.

Dem Ehemann wird vorgeworfen, sowohl in Regensburg als auch später in Göttingen Patienten auf dem Papier kränker gemacht zu haben, als sie in Wirklichkeit waren; so haben nach jetzigem Kenntnisstand mehr als 60 Organe nicht die Patienten erreicht, die eigentlich an der Reihe gewesen wären. Der Chirurg bestreitet die Vorwürfe.

Mehr als vier Monate lang hat die Uni nun seine Doktorarbeit mit der seiner Frau verglichen. Den Anlass dazu gab ein Brief an die Medizinische Fakultät, in dem die Ehefrau angeblich anbot, ihren Titel zurückzugeben, um Plagiatsvorwürfen vorzubeugen. Das Schreiben stellte sich als gefälscht heraus, der Inhalt aber erwies sich offenbar als richtig: Die Dissertationen der Ehepartner sind so ähnlich, dass die Uni nun ein Rücknahmeverfahren einleiten will.

Im Oktober hatte die Zeitschrift Laborjournal frappierende Übereinstimmungen herausgearbeitet: Von der Gliederung über die Zielsetzung der Arbeiten bis hin zur Zusammenfassung gebe es zahlreiche nahezu identische Passagen. Auch sind viele Ergebnisse deckungsgleich. So soll in beiden Arbeiten das Durchschnittsalter der Patienten exakt 59 ± 11,4 Jahre betragen haben. Das Ehepaar äußerte sich auf SZ-Anfrage nicht zum Sachverhalt.

Doktorvater von beiden ist der Chef der Chirurgie. Der Professor äußerte sich nicht dazu, wie ihm die große Ähnlichkeit der Dissertationen entgehen konnte, die im Abstand von nicht einmal zwei Jahren entstanden. Auch von den Organ-Betrügereien habe er nichts gewusst.

Nach Bekanntwerden der Manipulationen Anfang August wurde der Direktor beurlaubt; doch seit Ende November ist er wieder im Amt, weil ihm "keine Verletzungen von Dienstpflichten, insbesondere von Aufsichtspflichten" nachzuweisen seien, wie das Klinikum mitteilte.

© SZ vom 20.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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