Der 24. Januar 1848 begann für James Marshall wie jeder andere Tag. Routinemäßig überprüfte er seine Mühle am American River in Kalifornien. Doch an diesem Tag funkelte etwas im Wasser.
Goldsucher während des ersten Goldrausches in Kalifornien.
(Foto: Foto: oh)Marshall bückte sich und holte eine Handvoll Kies und Schlamm ans Licht. Was so schimmerte war - Gold.
Lange konnte er den Fund nicht geheimhalten, der Traum vom schnellen Reichtum lockte Zehntausende an. Die sogenannten "Neunundvierziger" schürften 1849 Millionen von Goldpartikeln aus den sandigen Flussbetten Kaliforniens. Der Goldrausch vervielfachte die Einwohnerzahl des Staates im US-Westen. San Francisco wandelte sich bis 1870 vom Dorf mit 500 zur Großstadt mit 150.000 Bewohnern.
160 Jahre nach dem Fund des James Marshall steht Kalifornien vor einem neuen Goldrausch. Der hohe Goldpreis von fast 900 Dollar pro Feinunze Gold (31,1 Gramm) treibt Privatleute und Firmen wieder an die Flüsse und in die Minen Kaliforniens.
Die Goldsucher-Vereinigung der USA (GPAA) verzeichnet täglich 50 bis 100 neue Mitglieder. "Es ist wie 1849", schwärmt ein Sprecher. Auch Firmen wollen profitieren. 2007 wurden in Kalifornien 3520 Goldabbaugebiete genehmigt, fast doppelt so viele wie 2006, berichtet die Behörde für Landverwaltung BLM.
Alte kalifornische Goldsucherorte wie Coloma oder Jamestown erleben ihre zweite Blüte. Schon berichten Zeitungen von Prügeleien in den alten Saloons - "aber mit weniger Schießereien als früher". Neben Hobbysuchern und Goldtouristen kommen Leute, die ihren Beruf aufgegeben haben und vom Reichtum träumen. Nun stehen sie jeden Tag stundenlang mit Gummistiefeln im Fluss und schwenken eine Blechpfanne mit Flussschlamm wie einst ihre Vorfahren.
Fündig werden alle, die ein wenig Geduld haben. Doch meist ist die Ausbeute zu gering, um davon leben zu können. Die Flusssande Kaliforniens wurden von den "Neunundvierzigern" schon ziemlich ausgeplündert. Doch Medienberichte über Leute, die einen großen Fund gemacht haben, locken immer mehr Goldsucher nach Kalifornien.
Geologen verstärken den Goldrausch
Auch Geologen scheinen den Goldrausch zu verstärken. Das meiste Gold Kaliforniens sei noch nicht gefördert, erklärt der Geologische Dienst Kaliforniens. Dass die Fachleute diese Aussage einschränken, geht meist unter. Die großen Lagerstätten seien schwer zugänglich, sie lägen in Felsmassiven unter der Erde.
Wie das Gold nach Kalifornien kam, meinen Geologen mittlerweile erklären zu können. Das Edelmetall sammelte sich ursprünglich am Meeresgrund vor der amerikanischen Küste. Heißwasserfontänen, sogenannte "Schwarze Raucher", stiegen aus unterirdischen Vulkanen empor. Sie beförderten Metalle aus dem Erdinneren an die Oberfläche.
Nur an wenigen Orten reichert sich Gold so stark an wie in Schwarzen Rauchern. Denn einzig an unterirdischen Vulkanen können die Bedingungen herrschen, durch die Gold an die Oberfläche gespült wird: Bei extremem Druck erhitzt sich Wasser auf Hunderte Grad Celsius - das Gold geht eine Verbindung mit Schwefelwasserstoff ein. Das schwarze Schwefelwasser dient dann als Taxi, das das Gold Richtung Oberfläche befördert.
Im Gefolge der Erdplattenbewegungen schob sich der urzeitliche Meeresboden unter den amerikanischen Kontinent. Goldhaltiges Magma quoll auf; Vulkane erhoben sich, in denen sich goldhaltige Quarzadern den Weg an die Oberfläche bahnten. Sobald eine Goldader von der Erosion freigelegt wurde, verwitterte sie in Wind und Regen, die Goldpartikel trieben flussabwärts. Firmen wollen nun die verbliebenen Goldadern Kaliforniens und des Nachbarstaates Nevada erschließen. Die Zahl der Explorationen sei stark gestiegen, berichtet die BLM. Bislang war die Erschließung der Reserven zu teuer, auch weil die Gruben wieder mit Gestein und Beton verfüllt werden müssen, um den Naturzustand einigermaßen wiederherzustellen.
Wenig Gold nahe der Erdoberfläche
In Minen nahe der Erdoberfläche erwarten Geologen allerdings nur noch wenig Gold. Firmen planen deshalb tiefe Bohrungen. Im Untergrund Kaliforniens und Nevadas könnten noch bedeutende Reservoire stecken, vermuten Experten.
Der nachlassende Erfolg der Goldsucher in den vergangenen Jahren sorgt jedoch für Skepsis. Die Abstände, in denen Firmen größere Goldlagerstätten entdeckt haben, wurden immer größer. Niemand könne garantieren, dass der aktuelle Goldrausch den Trend wenden könne, räumt die Bergbaubehörde NBMG in Reno ein.
Das Risiko mag den Explorationsfirmen zu denken geben, private Goldsucher hingegen lassen sich davon offenbar nicht beeindrucken. Auch sie versuchen mit modernen Methoden Goldreserven abseits der Flüsse zu entdecken. Mit Metalldetektoren durchstöbern sie aufgegebene Ortschaften aus dem 19. Jahrhundert. Im Schutt liegt noch manches Nugget, das die "Neunundvierziger" übersehen haben.
Welche Folgen der neue Goldrausch hat, wo die größten Goldschätze liegen und wie jedermann Gold aus dem Rhein waschen kann, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Magazins SZ Wissen.