Navigationssystem:"Galileo"-Satelliten sollen heute starten

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Eigentlich sollten sie sich schon im All befinden. Doch der Start der Trägerrakete, die die ersten zwei "Galileo"-Satelliten transportiert, ist wegen Problemen beim Betanken auf heute verschoben worden.

Alexander Stirn

Der Start der ersten beiden Satelliten des europäischen Navigationssystems Galileo ist am Donnerstag verschoben worden. Drei Stunden vor dem geplanten Abheben ist der Countdown gestoppt worden. Es habe Probleme beim Betanken der russischen Sojus-Trägerrakete gegeben, teilte das europäische Raumfahrtunternehmen Arianespace mit. An diesem Freitag, um 12.30 Uhr deutscher Zeit, soll nun ein weiterer Startversuch unternommen werden.

Die Sojus-VS01-Rakete auf der Startrampe auf dem europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. (Foto: dpa)

Nach vielen Jahren der Verzögerung und explodierenden Kosten sollen die ersten Galileo-Satelliten die Grundlage für ein europäisches Navigationssystem bilden, das unabhängig vom amerikanischen GPS ist. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen 28 weitere Satelliten folgen.

Gleichzeitig hebt zum ersten Mal eine russische Sojus-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana ab. Nie zuvor startete das Arbeitspferd der russischen Raumfahrt, das bereits 1700 Flüge absolviert hat, von außerhalb des ehemaligen sowjetischen Hoheitsgebiets. Um das zu ändern, haben die Europäer seit 2005 eine komplett neue Startrampe in den Dschungel von Kourou gebaut.

Die Sojus ist zwar ein System mit einer langen Erfahrung und einer tollen Bilanz, aber das hier ist Neuland", sagt Johann-Dietrich Wörner, Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Eigentlich sei es ein Jungfernflug, zumindest für die Starteinrichtung.

Insofern nehmen Experten die Nachricht aus Kourou mit Spannung wahr, denen zufolge am Donnerstag eine Hydraulik an der Tankleitung Leck schlug und das Betanken der dritten Raketenstufe behindert habe. Etwa vier Stunden vor dem Start wird diese Stufe mit Kerosin und flüssigem Sauerstoff gefüllt.

Es ist nicht die erste Verzögerung bei dem Bemühen, die Sojus nach Kourou zu bringen. Bereits 2003 stellten Europa und Russland entsprechende Pläne vor, Mitte 2006 sollte die erste Rakete starten. Doch neben den Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit in den Tropen bereitete vor allem der neue Startturm Probleme:

Anders als das Original in Baikonur, wo die Russen ihre Satelliten auf die am Boden liegende Rakete schrauben und diese anschließend mit ihrer Fracht aufrichten, müssen europäische Satelliten vertikal montiert werden. Hierzu wird ein klimatisierter Raum über die Rakete gestülpt und zum Start zurückgeschoben.

Für Arianespace füllt die Sojus eine Marktlücke. Schwere Lasten schießen die Europäer mit der leistungsstarken Ariane 5 von Kourou aus ins All. 2012 soll das Leichtgewicht Vega hinzukommen.

Die "Mittelklasserakete" Sojus, wie Thomas Reiter, Direktor bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa sie nennt, soll das Segment dazwischen abdecken - zum Beispiel, um die beiden je 700 Kilogramm schweren Galileo-Satelliten ins All zu hieven. Dazu kauft Arianespace den Russen die komplette Rakete ab, angeblich zu einem Preis von 30 bis 40 Millionen Dollar pro Stück.

Angenehmer Nebeneffekt des Standorts Kourou: Da sich die Erdoberfläche am Äquator schneller bewegt als im nördlich gelegenen Baikonur, spart die Sojus Treibstoff. Dadurch kann sie fast doppelt so viel Nutzlast in einen geostationären Orbit transportieren als von ihrer Heimatbasis aus.

© SZ vom 21.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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