Naturschutz:Korallen-Rettung für Anfänger

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Ein Korallenriff auf den Raja Ampat-Inseln im Süden Indonesiens. (Foto: dpa)

Tropische Riffe müssen nicht immer gleich zu absoluten Schutzgebieten erklärt werden: Schon kleine Einschränkungen bei der Fischerei könnten helfen.

Von Marlene Weiss

Schon kleine Einschränkungen des Fischfangs können womöglich großen Nutzen für sensible Korallenriffe haben. Demnach wäre es falsch, immer nur strenge Schutzzonen zu fordern, die selten realisiert werden können, schreiben Forscher um Aaron MacNeil vom Australian Institute of Marine Science in Queensland im Fachmagazin Nature (online) - vielen Riffen wäre schon mit etwas Fischerei-Management geholfen.

Tropische Korallenriffe gehören zu den kostbarsten und zugleich bedrohtesten Ökosystemen der Erde. Der Klimawandel macht ihnen zu schaffen: Er stört die Symbiose zwischen Korallen und Algen, was zu der gefürchteten Korallenbleiche führen kann, einem Massensterben am Riff. Hinzu kommen diverse andere Problemfaktoren - zum Beispiel Versauerung der Meere, Wasserverschmutzung, in vielen Gegenden auch direkter Abbau der Riffe für Bauprojekte auf abgelegenen Inseln. Oft wird zudem rabiat mit Dynamit gefischt, was eine Spur der Zerstörung hinterlässt.

Aber auch die Fischerei mit Netzen ist problematisch: In der über viele Jahrtausende entstandenen Feinabstimmung tropischer Korallenriffe hat jede Art ihre Bedeutung. Pflanzenfressende Fische werden gebraucht, um überschüssige Algen auf den Korallen abzuweiden; Raubfische sind wichtig für das Gleichgewicht, indem sie Planktonfresser in Schach halten.

Ein Riff braucht bis zu 65 Jahre, um sich von der Fischerei zu erholen

Weil es jedoch erst seit wenigen Jahrzehnten verwertbare, umfassende Daten über Korallen-Ökosysteme gibt, ist es oft schwer einzuschätzen, wie ein Riff im Urzustand aussah oder wie lange es dauert, bis Schutzmaßnahmen wirken.

Die Forscher um MacNeil haben daher 832 tropische Riffe in verschiedenen Stadien von Schädigung oder Erholung miteinander verglichen, von quasi-unberührten bis hin zu stark genutzten Riffen am Rande des Zusammenbruchs. Demnach kommt in einem Riff im Urzustand auf einen Hektar Fläche etwa eine Tonne Fisch-Biomasse. In 83 Prozent der befischten Riffe dagegen war es weniger als eine halbe Tonne; in manchen von ihnen gerade noch 100 Kilogramm.

Bis zu 65 Jahre dauert es laut dem Modell der Forscher, bis sich so ein Riff nach einem Ende der Fischerei erholt hat; das ist länger als bislang angenommen.

Auch kleine Maßnahmen können helfen

Die Studie zeigt jedoch sehr deutlich, dass Fischerei nicht gleich Fischerei ist: An Riffen mit Fischerei-Einschränkungen lebten gut ein Viertel mehr Fische als dort, wo unbeschränkt gefischt werden darf. Es hilft demnach schon, manche Fangmethoden zu verbieten; noch mehr brachte es, die Fangmengen zu begrenzen oder einzelne Fischarten zu schützen.

"Es ist schön, dass auch kleine Maßnahmen so viel bringen", sagt Harald Asmus, Küsten-Ökologe an der Außenstelle des Alfred-Wegener-Instituts auf Sylt. "Aber über einzelne Einschränkungen wird schnell mal hinweggesehen, absolute Schutzzonen wären leichter zu kontrollieren und weniger anfällig für Korruption."

Ohnehin müsse man erst bessere Modelle haben, um abzuschätzen, wie sich Veränderungen genau auswirken: Sicher komme ein Riff eher mit dem Klimawandel zurecht, wenn der Fischbestand intakt ist, sagt Asmus. "Aber für einfache Prognosen sind diese Ökosysteme mit tausenden Arten viel zu kompliziert."

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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