Klimawandel:Mehr Naturkatastrophen, weniger Todesfälle

Klimawandel: Hurrikan "Ida" am 1. September, von der Internationalen Raumstation ISS aus gesehen.

Hurrikan "Ida" am 1. September, von der Internationalen Raumstation ISS aus gesehen.

(Foto: HANDOUT/AFP)

Ein Bericht der Weltwetterorganisation WMO zeigt: Die Zahl der erfassten wetter- und klimabedingten Katastrophen wie Stürme, Überflutungen und Dürren hat sich seit den 1970er-Jahren verfünffacht. Trotzdem gibt es heute global viel weniger Todesopfer.

Von Marlene Weiß

Die Zahl der wetter- oder klimabedingten Naturkatastrophen ist seit den 1970er-Jahren deutlich gestiegen, wie die Weltwetterorganisation WMO am Mittwoch in Genf berichtete. Über die 50-jährige Periode habe sich die Zahl der verzeichneten Katastrophen verfünffacht, angetrieben durch den Klimawandel, mehr Extremwetter, allerdings auch verbesserte Erfassung. Zugleich seien jedoch die Todesfälle aufgrund solcher Ereignisse dank besserer Warnsysteme und Katastrophenmanagement auf rund ein Drittel zurückgegangen.

Insgesamt wurden laut dem am Mittwoch veröffentlichten WMO-Atlas zu Sterblichkeit und ökonomischen Verlusten durch Wetter-, Klima- und Flutextreme 11 000 Katastrophen registriert, die zu mehr als zwei Millionen Todesfällen und wirtschaftlichen Schäden in Höhe von 3,64 Billionen US-Dollar führten. Während es in den 1970er-Jahren insgesamt nur 711 Ereignisse waren, stieg die Zahl bis zu den Nullerjahren auf mehr als 3500, im vergangenen Jahrzehnt ging sie leicht zurück auf knapp 3200.

Bei den Todesfällen zeigt sich eine gegenteilige Entwicklung: Starben in den 1970er- Jahren noch mehr als eine halbe Million Menschen in Folge der erfassten Katastrophen, waren es laut dem WMO-Atlas von 2010 bis 2019 nur noch 186 000.

Mehr als 91 Prozent aller Todesfälle ereigneten sich in Entwicklungs- und Schwellenländern. Am tödlichsten waren Dürren, denen seit den 1970er- Jahren 650 000 Menschen zum Opfer fielen, Stürme mit rund 580 000 Todesopfern und Überflutungen mit 60 000 Todesfällen. Was die Kosten angeht, führen Stürme die Liste an, die insgesamt mehr als eine halbe Billion US-Dollar an Schäden verursachten. Die Schadenssumme hat sich seit 1970 versiebenfacht. Allein die drei Hurrikans Harvey, Maria und Irma von 2017 verursachten in den USA Schäden in Höhe von 220 Milliarden Dollar, zusammen mit Katrina von 2005, Sandy von 2012 und Andrew von 1992 waren diese US-Tropenstürme die sechs teuersten Katastrophen im gesamten Berichtszeitraum. Hurrikan Ida, der gerade über die Südküste der USA fegte, könnte die teuerste derartige Katastrophe aller Zeiten werden, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Es sei aber noch zu früh, um das Ausmaß der Schäden zu benennen.

In Europa wurden viele Fluten und Stürme erfasst - aber tödlicher war Hitze

In Europa wurden 1672 Katastrophen erfasst, denen 159 438 Menschen zum Opfer fielen. Größtenteils waren es Überflutungen und Stürme, mit einem Anteil von 93 Prozent entfiel die überwältigende Mehrheit der Todesfälle in Europa aber auf Hitzewellen. Allein in den beiden Hitzesommern von 2010 in Russland und 2003 in Mittel- und Westeuropa starben geschätzt fast 130 000 Menschen, mehr als 9000 davon in Deutschland.

Für viele dieser Ereignisse lässt sich inzwischen ein erheblicher menschengemachter Anteil nachweisen, das gilt insbesondere für Hitzewellen. Bei Dürren ist der Zusammenhang weniger eindeutig, wie die WMO festhält, aber etwa die Dürre von 2016 und 2017 in Ostafrika sei stark durch die hohen Temperaturen im westlichen Indischen Ozean angetrieben worden, wozu der menschliche Einfluss beigetragen habe.

"Die Zahl der Wetter-, Klima- und Flutextreme steigt und sie werden in vielen Teilen der Welt als eine Folge des Klimawandels noch häufiger und heftiger werden", sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Hinter der Statistik liege aber auch eine Botschaft der Hoffnung: Verbesserte Frühwarnsysteme hätten die Mortalität stark reduziert. "Wir sind ganz einfach besser als jemals zuvor darin, Leben zu retten", sagte Taalas. Es bleibe jedoch viel zu tun, bemängelt die WMO: Nur die Hälfte der 193 WMO-Mitgliedstaaten habe breits angelegte Katastrophenfrühwarnsysteme, und im Netzwerk der Beobachtungsstationen gebe es schwere Lücken, etwa in Afrika, Teilen von Lateinamerika und auf Inselstaaten im Pazifik und in der Karibik.

Die WMO empfiehlt im Bericht unter anderem, Risikobewertungen in Anbetracht des Klimawandels zu überarbeiten, Katastrophen-Finanzierungsmechanismen zu stärken und zu einer besseren Politik im Umgang mit langsam beginnenden Katastrophen wie Dürren zu gelangen.

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