Natur brutal:Insel der Killer-Kaninchen

Immer wieder kommt es auf der Insel Macquarie zu Erdrutschen, die Pinguine verschütten und töten. Dahinter stecken ziemlich kleine, aber offenbar sehr gefährliche Tiere.

Gerhard Fischer

Kaninchen können Pinguine töten. Das geht so: Die Kaninchen fressen das Gras von Hängen ab, der Boden lockert sich deswegen, es kommt zum Erdrutsch, der Erde verschüttet die Pinguine.

Kaninchen

Tödliche Gefahr für Pinguine: Kaninchen.

(Foto: Foto: dpa)

Auf der Macquarie-Insel passiert das öfter. "Erst kürzlich hat ein Erdrutsch in der Lusitania-Bucht auf der Ostseite der Insel etliche Pinguine getötet", berichtet Julie Kirkwood vom World Wildlife Fund (WWF) in Australien. "Schuld waren die Kaninchen."

Die Macquarie-Insel liegt etwa 1300 Kilometer nördlich der Antarktis und 1700 Kilometer südlich von Tasmanien. Sie ist 34 Kilometer lang und etwa fünf Kilometer breit. Seit 1978 ist die Insel, die nur von wenigen Forschern bewohnt wird, staatliches tasmanisches Naturreservat, seit 1997 sogar Welt-Naturerbe der Unesco.

Es leben 850.000 Königspinguin-Paare auf Macquarie, 100.000 Seehunde, etliche See-Elefanten, vier Millionen Seevögel und vier Albatros-Arten. Der WWF befürchtet nun, dass dieses einzigartige Refugium zerstört wird - von ziemlich kleinen, aber offenbar sehr gefährlichen Tieren.

Denn nicht nur die Kaninchen, die sich laut WWF "explosionsartig vermehrt haben", sondern auch Ratten attackieren die Vögel. "Forscher haben gesehen, dass Ratten Küken aus den Nestern von Sturmvögeln gefressen haben", sagt WWF-Sprecherin Kirkwood der Süddeutschen Zeitung. Sechs der neun Sturmvogelarten auf der Macquarie-Insel seien davon betroffen.

Eine Folge des Klimawandels

Die Kaninchen hingegen fressen vor allem das Gras weg, das Vögel als Material zum Bau und Schutz ihrer Nester brauchen. Und sie bringen ganze Hänge zum Rutschen, weil sie die großen, für Macquarie charakteristischen Grasbüschel von den Hügeln wegfressen und damit Erosion erzeugen.

"Alleine in einem Monat wurden 20 Erdrutsche gezählt, die von Kaninchen verursacht wurden", sagt Julie Kirkwood. "Forscher berichten, dass manche Hänge komplett verschwunden sind."

Nach Angaben des WWF stieg die Zahl der Kaninchen von 10.000 in den achtziger Jahren auf heute mehr als 100.000. Auch die Ratten konnten sich rasend vermehren, weil die Winter - als Folge des Klimawandels - immer wärmer wurden und die Tiere deshalb überleben konnten.

Außerdem sind 2001 sämtliche Katzen, natürliche Feinde der Ratten, von den Bewohnern ausgerottet worden. Übrigens wurden sie deshalb getötet, weil sie zuvor eine Papageien- und eine Schnepfen-Art auf der Insel ausgerottet hatten. Zustände sind das.

"Sie müssen ausgerottet werden"

Nun fordern sogar Umweltschützer die Tötung aller Kaninchen und Ratten auf Macquarie, obwohl die Kaninchen das mit dem Erdrutsch bestimmt nicht absichtlich machen.

"Sie müssen ausgerottet werden, bevor das Naturerbe zerstört und der kritische Bestand an Seevögeln unwiederbringlich ausgestorben ist", sagt WWF-Sprecherin Julie Kirkwood.

Die Regierungen von Tasmanien und Australien haben einen zehn Millionen Dollar teuren Plan zur Vernichtung der Kaninchen und Ratten erarbeitet. "Es fehlt aber bisher das Engagement, diese Mittel aufzubringen", kritisiert Kirkwood. Der WWF fordert die Regierungen daher in einem Schreiben auf, die Angelegenheit als "sehr dringlich" einzustufen.

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