Nasa-Rover "Curiosity":Auf dem Weg zum Mars-Menschen

Der Roboter "Curiosity" soll nicht nur nach Hinweisen auf Wasser und sogar Leben auf dem Mars suchen. "Seine Räder haben begonnen, den Weg zu bahnen für menschliche Fußspuren auf dem Mars", so Nasa-Chef Charles Bolden. Sollen also US-Astronauten den Roten Planeten erobern?

Markus C. Schulte von Drach

Als die Räder des Rovers die staubige Oberfläche des Roten Planeten berühren und im nächsten Augenblick die drei Nylon-Seile, die den Roboter mit seiner Muttersonde verbinden, gesprengt werden, ist ein geradezu wahnsinniges Flugmanöver erfolgreich beendet. Nach einer Reise von etwas mehr als acht Monaten, in einer Entfernung, für die sogar das Licht 14 Minuten braucht, greift die Menschheit mit einer Maschine (wenn schon nicht nach den Sternen, so doch) nach anderen Planeten. Also eine Art Mars Attacks, nur eben andersrum. Und wohl auch friedlicher.

Curiosity-Mission auf dem Mars

Hier, im Gale-Krater, ist der Rover Curiosity gelandet. Er soll nach Wasser und Spuren von Leben suchen. Der Finger gehört einem Mitarbeiter der Esa. Die Europäische Raumfahrtagentur hat die Amerikaner beim Anflugmanöver unterstützt.

(Foto: dapd)

"Heute haben Curiositys Räder begonnen, den Weg zu bahnen für menschliche Fußspuren auf dem Mars." Mit diesen Worten fasste Nasa-Chef Charles Bolden nach der Landung den Sinn der Mission zusammen. "Der am weitesten entwickelte Rover, der jemals gebaut wurde, hat die Oberfläche des Roten Planeten erreicht, wo er Antworten auf die alten Fragen suchen wird, ob jemals Leben auf dem Mars existierte - und ob der Planet Leben in Zukunft ermöglichen kann."

Alt sind diese Fragen tatsächlich - und sie beschränken sich natürlich nicht auf den Mars. Seit der Mensch den Blick zum Himmel gehoben hat, fragt er sich, ob dort Leben existieren könnte - von Göttern über Marsbewohner bis zu anderen Aliens in fliegenden Untertassen, die gelegentlich die Erde besuchen. Und auch die Frage, ob Menschen außerhalb unseres Planeten existieren könnten, beschäftigt die Menschheit seit Beginn der Raumfahrt.

Für den Mond sind beide Fragen abschließend beantwortet. Anders sieht es jedoch mit dem Mars aus.

Und so haben sich die Amerikaner unter Präsident Barack Obama den Roten Planeten als Reiseziel für ihre Astronauten vorgenommen. Im Jahr 2035 - noch zu seinen Lebzeiten - würden Amerikaner den Mars betreten, kündigte Obama an. Ähnliche Pläne hatten bereits seine Vorgänger Vater und Sohn Bush entwickelt und wieder verworfen.

Auch die europäische Raumfahrtagentur Esa, Russland und ein privates niederländisches Unternehmen haben bemannte Mars-Missionen ins Auge gefasst. Und alle schauen nun mit Spannung auf Curiosity. Denn die Raumsonden, die den Mars aus einer Umlaufbahn untersuchen, und die US-Rover Spirit und Opportunity haben zwar etliche Hinweise darauf entdeckt, dass eine der wichtigsten Voraussetzungen für Leben - Wasser - existiert. Curiosity aber soll auf dem Planeten, der vom Durchmesser etwa halb so groß ist wie die Erde, noch erheblich genauer hinschauen.

Deshalb wurde das Fahrzeug von einer Art "Himmelskran" im Gale-Krater abgesetzt. Dieser Krater ist relativ tief. Deshalb hoffen die Wissenschaftler hier am ehesten fündig zu werden: Wenn überhaupt einmal Wasser auf der Marsoberfläche geflossen ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das hier gewesen sein könnte. Zudem wurde im Gale-Krater mit dem Aeolis Mons ein Berg entdeckt, der darauf hindeutet, dass es dort einmal einen See gegeben haben könnte.

Die Existenz von Wasser ist eine der wichtigsten Voraussetzungen nicht nur dafür, dass es einmal Leben auf dem Roten Planeten gab. Auch das Überleben von Menschen auf dem Mars oder die Einrichtung einer Raumstation hängen davon ab. Ebenfalls wichtig für solche Projekte ist die Messung der für Astronauten lebensbedrohlichen kosmischen Strahlung. Darüber hinaus soll Curiosity weitere Elemente aufspüren, die für das Leben, wie wir es kennen, notwendig sind: Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Schwefel und Phosphor.

Missionen mit der Esa gestrichen

So begeistert die Raumforscher außerhalb den USA über die gelungene Landung auch sind - bei der Esa in Europa dürfte die Freude über die Curiosity-Mission getrübt sein. Erst im Februar 2012 hat die Nasa die Beteiligung an den zwei mit der Esa geplanten Mars-Missionen gestrichen.

Die Amerikaner und Europäer hatten 2009 beschlossen, 2016 gemeinsam eine Sonde in die Umlaufbahn des Mars zu schicken, 2018 sollten zwei Rover dort landen, Proben sammeln und diese sogar zur Erde zurückschicken. Im Rahmen des sogenannten Aurora-Programms wollten die Europäer im kommenden Jahrzehnt dann Astronauen zum Mond transportieren. In etwa 20 Jahren dann war ein bemannter Flug zum Mars geplant.

Doch Curiosity ist deutlich teurer geworden als zuvor geplant war. Dazu kommt, dass die Kosten für den Bau des James-Webb-Weltraumteleskops - dem Nachfolger des Hubble-Teleskops - erheblich angestiegen sind. Deshalb haben die Amerikaner die gemeinsamen Mars-Missionen mit der Esa abgesagt.

Überhaupt dürften Geldprobleme die Realisierung der bisherigen Mars-Pläne auf beiden Seiten des Atlantiks erschweren. Auf der anderen Seite ist die bemannte Raumfahrt für viele Politiker ein Prestigeobjekt. Zwar erklärte etwa US-Präsident Obama, die Erkundung des Weltraums sei kein Luxus, sondern ein zentraler Teil der Zukunft.

An welche und wessen Zukunft er dabei dachte, hat er allerdings nach der Landung des Curiosity-Rovers klargestellt: Die Landung werde in Zukunft als "Argument des Nationalstolzes" eingesetzt. Der Erfolg erinnere die Amerikaner daran, "dass unsere Vormachtstellung - sowohl im All, als auch auf der Erde - davon abhängt, dass wir klug in Innovation, Technologie und Grundlagenforschung investieren, die schon immer dafür gesorgt haben, dass unsere Wirtschaft von der Welt beneidet wurde." Dazu rechtfertigte Obama bereits 2010 die Pläne der Mars-Flüge damit, dass so Tausende Jobs geschaffen würden.

Kritiker der bemannten Raumfahrt wie der Physiker und Nobelpreisträger Steve Weinberg von der University of Texas in Austin betonen dagegen, dass Astronauten nicht mehr zu leisten imstande sind als die deutlich billigeren unbemannten Sonden. Die bemannte Raumfahrt macht offenbar aber besonders viel Eindruck.

Als der US-Kongress Anfang der neunziger Jahre über die Finanzierung der Internationalen Raumstation ISS und des Teilchenbeschleunigers Superconducting SuperCollider in Texas entscheiden musste, erklärte Weinberg zufolge ein Abgeordneter, er würde zwar verstehen, wie eine Raumstation helfen könne, das Universum zu verstehen. Was der Teilchenbeschleuniger hier zu leisten imstande wäre, könne er dagegen nicht begreifen. Entsprechend fiel die Entscheidung gegen die Unterstützung des SuperCollider und für die ISS aus.

Möglicherweise steckt hinter der Bereitschaft vieler Menschen, Steuergeld in die bemannte Raumfahrt zu stecken, auch einfach die Faszination, die von der Vorstellung ausgeht, fremde Welten zu besuchen und zu kolonisieren. Das ist schließlich spannender und greifbarer als die Arbeit an Heilmitteln für Krebs, die Beendigung der Armut - oder der Erforschung von Möglichkeiten, den Klimawandel zu bremsen.

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