SZ-Klimakolumne:Der lange Weg zur grünen Null

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Ein Junge pflanzt einen Baum. (Foto: imago images/Panthermedia)

In Kriegszeiten droht das Thema Nachhaltigkeit bei vielen Firmen in den Hintergrund zu rücken. Doch weniger wichtig wird es nicht - im Gegenteil.

Von Vivien Timmler

Es gibt da diesen einen Satz von Paul Watzlawick. "Man kann nicht nicht kommunizieren." Der Kommunikationsphilosoph meint damit, dass wir den Menschen um uns herum ständig und jederzeit etwas mitteilen, egal ob wir etwas laut aussprechen oder nicht: über Mimik, Gestik, bloßen Augenkontakt, ein kleines Räuspern. Und alle Versuche, nicht zu kommunizieren, müssen demnach scheitern, weil auch sie eine Art der Kommunikation darstellen.

An dieses erste Axiom von Watzlawicks Kommunikationstheorie musste ich in den vergangenen Wochen immer mal wieder denken. Einerseits weil es Konzerne gab, die sich im Hinblick auf einen Rückzug aus Russland infolge von Putins Angriff auf die Ukraine gar nicht mal so vornehm zurückgehalten haben. Keine Pressemitteilung, keine Stellungnahme, Funkstille. Doch auch ohne ihren Standpunkt offiziell mitzuteilen, haben sie entweder signalisiert, dass sie mit der Situation vollkommen überfordert sind - oder dass sie geschäftliche Beziehungen und Umsätze über das Leid der Ukrainer stellen.

Andererseits kommt mir dieser Leitsatz immer wieder in den Kopf, wenn Konzernchefs sich um das Thema Nachhaltigkeit herumdrücken. Wenn sie es auf ihren Hauptversammlungen gar nicht erst ansprechen, in Kriegszeiten auf andere, vermeintlich schwerwiegendere Herausforderungen verweisen oder wie der Reisekonzern Tui eiskalt einfach gar keine Nachhaltigkeitsstrategie vorlegen - und das schon seit zwei Jahren.

Es wird nicht leicht, auf fossile Rohstoffe zu verzichten, aber es muss sein

Natürlich sind die Zeiten ernst. Natürlich droht vielen Unternehmen aufgrund des Krieges in der Ukraine gerade ein relevanter Teil ihrer Umsätze wegzubrechen, von der Gefahr einer echten Wirtschaftskrise ganz zu schweigen. Gleichzeitig aber zeigt der Ukraine-Krieg, wie abhängig die deutsche Wirtschaft nach wie vor von fossilen Rohstoffen ist. Und wie schwierig es wird, mittelfristig nicht nur auf Lieferungen aus Russland, sondern generell auf Öl und Gas zu verzichten, um klimaneutral zu werden.

Gerade weil der Weg zur "Grünen Null" in Kriegszeiten schnell in den Hintergrund zu rücken droht, wobei er tatsächlich sogar eher an Relevanz gewinnt, widmet die SZ dem Thema in den kommenden Wochen eine eigene Serie. Ein gutes Dutzend Autoren wird sich in nächster Zeit Branche für Branche vornehmen und beschreiben, mit welchen Herausforderungen die Unternehmen konfrontiert sind, wenn es darum geht, klimaneutral zu werden, ob sie es überhaupt schaffen können - und wenn ja, wie.

Denn eins steht schließlich fest: Egal ob Tourismus, Wohnungsbau, Luftfahrt oder Einzelhandel, alle Firmen aller Branchen müssen es in den kommenden 20 Jahren schaffen, nachhaltiger zu wirtschaften. Und ja, auch die Chemieindustrie und die Energiewirtschaft, über die in diesen Tagen so viel gesprochen wird.

Wo also stehen die Unternehmen? Wie wollen sie die Grüne Null erreichen? Was für Probleme haben sie, was für Herausforderungen? Wer ist schon weit, wer tut sich schwer? All diese Fragen wird die Wirtschaftsredaktion der SZ in den kommenden Wochen beantworten. Los geht es schon am kommenden Montag mit der ersten Folge zum Thema Tourismus - und somit direkt mit einer Branche, die von der Pandemie schwer getroffen wurde und sich umso schwerer tut mit der Transformation. Zumal das beim Reisen und Fliegen mit der Nachhaltigkeit ja so eine Sache ist.

Ich bin gespannt auf den Text und hoffe, Sie sind es auch. Aber vorher wünsche ich Ihnen noch ein schönes Wochenende.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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