Süddeutsche Zeitung

Nach Protesten von Umweltschützern:Birma stoppt umstrittenes Staudammprojekt

Birmas Präsident will ein umstrittenes Staudammprojekt am Irrawaddy stoppen - aus Respekt vor dem Willen des Volkes. Bisher sind die Erben des Militärregimes nicht dafür bekannt, auf Umweltschützer zu hören. Unklar ist, wie China als eigentlicher Nutznießer des Projekts auf den Baustopp reagieren wird.

Ausgerechnet in Birma hat die Regierung den Bau eines Staudamms gestoppt, "weil die Regierung vom Volk gewählt" sei und dessen Willen zu respektieren habe, wie Präsident Thein Sein erklärte.

Das Bauvorhaben am größten Fluss des Landes, dem Irrawaddy, widerspreche dem Willen des Volkes und der Abgeordneten, begründete Sein die Maßnahme. Überaschend ist dieser Hinweis, da das Militärregime in Birma zwar im März offiziell die Macht abgegeben hat, das Militär jedoch noch immer als beherrschende Kraft gilt. Viele der früheren Machthaber sind heute Teil der zivilen Regierung. Das gilt auch für den ehemaligen Ministerpräsidenten und Ex-General Thein Sein.

Nach Angaben aus Regierungskreisen sagte Präsident Sein, der von China unterstützte Bau des etwa 2,6 Milliarden Euro teuren Myitsone-Damms im Staat Kachin solle für die Dauer seiner Amtszeit bis 2015 ausgesetzt werden. Mit Peking solle Einvernehmen über den Stopp des Projekts erzielt werden.

Die Ankündigung stellt eine Kehrtwende in der Energiepolitik des weitgehend isolierten asiatischen Landes dar. Wie und wann das Projekt tatsächlich gestoppt wird, war allerdings zunächst nicht klar.

Schätzungen von Umweltschützern zufolge sollten etwa 10.000 Menschen für das Bauvorhaben ohne Entschädigung umgesiedelt werden. Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi hatte mit Umweltschutz- und Minderheitenorganisationen eine Überprüfung gefordert und dagegen protestiert. Nach Einschätzung der Friedensnobelpreisträgerin würde der Staudamm Dorfbewohner entwurzeln und der Ökologie des Flusses als Lebensader für Bauern und Fischer in dem verarmten Staat schaden. Die Bauarbeiten haben laut Suu Kyi bereits begonnen.

Kritikern zufolge ist die Region erdbebengefährdet. Ein Dammbruch könne zu einer Katastrophe führen. Hinzu kommt, dass 90 Prozent der von dem 6000-Megawatt-Kraftwerk erzeugten Energie nach Regierungsangaben ins benachbarte China exportiert werden sollten. Der Großteil der Birmaner hat dagegen keinen Strom. Auch die Bauarbeiten sollten von einer chinesischen Firma ausgeführt werden.

Die Ankündigung des Präsidenten stellt eine überraschende Wende der Regierungspolitik dar. Anfang des Monats hatte Energieminister Zaw Min noch mitgeteilt, das Projekt werde trotz des wachsenden Widerstands fortgesetzt. Bei den Protesten wurde noch in der vergangenen Woche ein Demonstrant festgenommen.

Oppositionsführerin Suu Kyi hatte jedoch Anfang des Monats gesagt, sie sehe erste Anzeichen für einen langsamen politischen Wandel in ihrem Land. Es sei aber unklar, ob die Regierung ihre Reformzusagen umsetzen werde. Suu Kyi hatte den Großteil der vergangenen 20 Jahre unter Hausarrest verbracht. Kurz nach der Parlamentswahl im vergangenen November, der ersten Wahl seit dem Jahr 1990, wurde sie freigelassen.

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dapd/AFP/sebi/mcs
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