Mücken-Invasion:Sommer der Vampire

Blutdürstige Sauger: Myriaden von Mücken fallen derzeit an Seen und Wäldern über ihre Opfer her. Dabei finden die Insekten manche Menschen offenbar anziehender als andere.

Tina Baier

Bevor die kleinen Vampire Blut saugen, brauchen sie zwei Dinge: Wasser und Wärme. Die meisten der stechenden Mücken und Fliegenarten entwickeln sich in Seen, Pfützen oder Regentonnen. Je wärmer, umso schneller. Im Sommer 2009 herrschen also paradiesische Zustände für Blutsauger aller Art.

Mücken-Invasion: Blutdürstige Sauger: Mücken fallen derzeit in Massen über Menschen her.

Blutdürstige Sauger: Mücken fallen derzeit in Massen über Menschen her.

(Foto: Foto: dpa)

Von einer Plage mag der Vizedirektor der Zoologischen Staatssammlung in München, Ernst-Gerhard Burmeister, zwar nicht sprechen, doch an das vergangene Wochenende, das er an den bayerischen Osterseen verbrachte, um ein Gutachten über Stechmücken zu schreiben, werde er sich noch lange erinnern.

Die Mücken, die derzeit an den Seen und in den Wäldern in Massen über die Menschen herfallen, gehören meist zur Gattung Aedes, auch bekannt als Wald- und Wiesenmücke. Die Weibchen legen ihre Eier auf trockenem Boden ab. Sobald es regnet und sich Pfützen bilden, schlüpfen die Larven.

Die gemeine Stechmücke, die sich am liebsten da aufhält, wo Menschen wohnen, legt ihre Eier dagegen direkt ins Wasser, zum Beispiel in Regentonnen. Die blutdürstigen Weibchen fliegen dann gezielt in die Häuser.

Beide Arten finden ihre Opfer dank der Kohlendioxidfahne, die Menschen und Säugetiere beim Ausatmen erzeugen und anhand anderer Ausdünstungen. Besonders lecker finden die Insekten eine Mischung aus Milchsäure, Ammoniak und Fettsäuren im Schweiß.

Die Legende vom süßen Blut

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Komponenten in einem bestimmten Mischungsverhältnis vorliegen müssen, sonst wirkt es auf die Mücken nicht mehr anziehend. Das könnte erklären, warum manche Menschen seltener gestochen werden als andere: Möglicherweise produzieren sie die einzelnen Substanzen aus Sicht der Mücken im falschen Verhältnis.

Dass die Insekten süßes Blut bevorzugen, ist dagegen nur eine Legende; auch die Vermutung, dass Menschen mit hohem Cholesteringehalt besonders oft gestochen werden, konnte wissenschaftlich nie belegt werden.

Auch Essgewohnheiten haben nichts damit zu tun, wie oft ein Mensch attackiert wird. In wissenschaftlichen Studien wurden Probanden, die viel Knoblauch gegessen oder die Vitamin-B1-Tabletten geschluckt hatten, ebenso häufig angeflogen wie andere Menschen.

Am liebsten stechen die Insekten in untere Körperteile, wahrscheinlich weil dort die Gefahr, erschlagen zu werden geringer ist. Dass der Fußgeruch hierbei anziehend wirkt, ist nur ein Gerücht.

Das hat ein Experiment gezeigt, in dem Wissenschaftler bluthungrige Mücken auf Testpersonen losließen, die sich mit den Füßen in der Luft auf den Boden legen mussten. Die Probanden wurden nicht mehr in die Beine gestochen, sondern in Rücken und Gesäß.

Nur weibliche Mücken greifen Menschen an, weil sie die Eiweißstoffe aus dem Blut für die Produktion ihrer Eier brauchen. Die Männchen begnügen sich damit, Nektar und Honigtau zu lecken. "Viele nicht-stechenden Arten nehmen als erwachsene Tiere gar nichts mehr zu sich", sagt Burmeister.

Manche haben nicht einmal mehr einen Verdauungstrakt. Diejenigen, die stechen, benutzen verschiedene Techniken: Wald- und Wiesenmücken, Hausmücken und auch die größere Ringelschnake, die in Kellern überwintert und deshalb im Frühjahr als erste zusticht, haben zwei Rohre in ihrem Rüssel.

Wenn sie ihr Opfer angebohrt haben, injizieren sie etwas Speichel in die Wunde, was die Blutgerinnung hemmt und verhindert, dass das zweite Rohr, das zum Ansaugen benutzt wird, mit geronnenem Blut verstopft. Substanzen aus dem Speichel bewirken, dass die Einstichstelle anschwillt und juckt, weil der Körper allergisch reagiert.

Kriebelmücken und Gnitzen verfolgen dagegen eine etwas plumpere Taktik: Sie beißen ein Loch in die Haut, was für das Opfer schmerzhaft ist. Auf der Oberfläche bildet sich daraufhin ein "Blutsumpf", den die Tiere aufschlürfen.

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