Konferenz in Montreal:Sechs Sonderbeauftragte sollen bei Naturgipfel für Einigung sorgen

Greenpeace-Protest in Bonn zum Start der Weltnaturkonferenz in Montreal 2022

Greenpeace-Protest Anfang Dezember auf dem Platz der Vereinten Nationen in Bonn zum Start der Weltnaturkonferenz in Montreal.

(Foto: Christian Knieps/dpa)

Sie sollen den Streit ums Geld zwischen Entwicklungs- und Industrieländern lösen. Die Finanzfrage gilt mittlerweile als entscheidende Hürde auf dem Weg zu einem Gipfelerfolg.

Von Thomas Krumenacker

Mit der Berufung von sechs Ministern zu Sonderbeauftragten für die heikelsten Streitfragen will China die festgefahrenen Verhandlungen über ein neues Weltnaturabkommen retten. Die Troubleshooter sollen in vertraulichen Gesprächen die verbliebenen Hindernisse auf dem Weg zu dem wichtigsten Umweltabkommen seit dem Pariser Klimavertrag 2015 ebnen, wie der chinesische Umweltminister Huang Runqiu als Präsident der UN-Biodiversitätskonferenz am Donnerstag in Montreal bekannt gab.

Als einen von zwei Vermittlern in der besonders heiklen Frage der Mobilisierung ausreichender Finanzmittel für die Umsetzung des Abkommens benannte Runqiu den Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Jochen Flasbarth. Gemeinsam mit der ruandischen Umweltministerin Jeanne d'Arc Mujawamariya werde er in den kommenden Tagen alles daransetzen, eine Einigung zu finden, schrieb Flasbarth auf Twitter.

Auch für die Lösung des Streits darüber, welcher Prozentsatz der Erdoberfläche künftig geschützt und renaturiert werden soll, wurde ein Minister-Duo benannt, ebenso zur Kompromisssuche in der Frage des Zugangs zu genetischen Informationen zu diversen Tier-, Pflanzen- und Mikrobenarten.

Er sei fest entschlossen, in allen verbliebenen Streitfragen bis spätestens Montag eine Einigung herbeizuführen, sagte Huang. Die Sonderbeauftragten sollten täglich Bericht erstatten. Auch Chinas Präsident Xi Jinping drängte in einer Videobotschaft zu Fortschritten. "Wir müssen den globalen Prozess zum Schutz der biologischen Vielfalt vorantreiben", sagte Xi. Ein Scheitern der COP - dem ersten großen UN-Projekt unter chinesischer Führung - würde für das aufstrebende Land eine Blamage bedeuten.

Aus Protest hatten die Verhandlungsdelegationen zahlreicher Entwicklungsländer die Beratungen verlassen

Bis Montagmitternacht sollen die Minister und Ministerinnen der 196 Mitgliedstaaten der UN-Biodiversitätskonvention - alle Länder der Erde mit Ausnahme der USA und des Vatikans - den neuen Weltnaturvertrag verabschieden. Das Abkommen enthält nach derzeitigem Stand 22 Ziele, mit denen bis zum Jahr 2030 das Artensterben und die ungebremste Zerstörung von Lebensräumen gestoppt und die Natur auf einen Pfad der Erholung gebracht werden soll.

Zu den Zielen gehören die drastische Reduzierung von Pestiziden und Düngern in der Landwirtschaft ebenso wie ein Ende der Plastikverschmutzung, eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion und der Erhalt der verbliebenen Wildnisgebiete in allen Erdteilen. Von einem Montreal-Abkommen erwarten Wissenschaft, Umweltorganisationen und viele Staaten eine Einigung, die für den Natur- und Klimaschutz so bedeutend wird wie der Klimavertrag von Paris, der fast auf den Tag genau vor sieben Jahren nach dramatischen Verhandlungen beschlossen wurde.

Der Streit um die Finanzierung des Naturschutzes in den Entwicklungsländern hat sich in den vergangenen Tagen zu einer ernsten Bedrohung für einen Erfolg der Konferenz ausgewachsen. Aus Protest gegen eine aus ihrer Sicht zu starre Haltung der Industriestaaten hatten die Verhandlungsdelegationen zahlreicher Entwicklungsländer Dienstagnacht und Mittwoch demonstrativ die Beratungen verlassen. Kern des Streits ist die Forderung der Entwicklungsländer nach neuen Finanzzusagen und der Einrichtung eines eigenen Biodiversitätsfonds, über den die Finanztransfers zur Finanzierung des Abkommens fließen sollen.

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