Süddeutsche Zeitung

Mikrobiologie:Raub-Bakterien

Womöglich könnten parasitisch lebende Bakterien einmal als Antibiotikum eingesetzt werden. Die Keime jagen andere Bakterien. Das ließe sich nutzen.

Bakterien jagende Bakterien könnten künftig vielleicht als lebendes Antibiotikum eingesetzt werden. Beim Beutefang nützen den kleinen, schnell schwimmenden Jägern Strömungskräfte, die durch die eigene und die Bewegung der Beute entstehen, berichten Forscher im Biophysical Journal. Sie werden dadurch in Zonen mit höherer Bakteriendichte geschwemmt und ihre Chancen für eine erfolgreiche Attacke steigen. Die Wissenschaftler um Steve Pressé von der Arizona State University in Tempe hatten das parasitisch lebende Bakterium Bdellovibrio bacteriovorus (BV) untersucht. Bdellovibrien können dank ihres fadenförmigen, rotierenden Antriebs, der Geißel, sehr schnell schwimmen. Haben sie ein Beute-Bakterium erreicht, heften sie sich an die Zellwand, durchdringen sie, verdauen das Innere ihres Opfers und vermehren sie sich darin. Die durch Zellteilung entstehenden Nachkommen machen sich nach dem Platzen der Wirtszelle ihrerseits auf die Suche nach Beute.

Obwohl BV vor mehr als 50 Jahren entdeckt wurde, sei wenig darüber bekannt, wie das Bakterium seine Beute aufspürt, sagt Pressé. Unklar sei gewesen, ob es chemischen Spuren folgt oder zufällig auf seine Beute stößt. Das zu verstehen, sei ein erster Schritt dahin, es als lebendes Antibiotikum einzusetzen, das im Körper gezielt Erreger jagt. Auch zur Reinigung von Wasser und Oberflächen könnte es verwendet werden. Zur Beute von BV zählen Darmbakterien wie Escherichia coli, die schwere Infektionen verursachen können. Zellen von Säugetieren werden nicht attackiert.

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Quelle:
SZ vom 29.03.2017 / dpa
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