Meteorologie:Zitterndes Eis

NASA's Operation IceBridge Maps Changes To Antartica's Ice Mass

In manchen Jahren schrumpft das Eis der Antarktis um eine Fläche von 730 000 Quadratkilometern.

(Foto: Mario Tama/Getty Images)

Was verraten Erschütterungen im antarktischen Schelfeis über den Zustand der Gletscher? Wissenschaftler nutzen die Eisbeben als Indikatoren für einen beängstigenden Vorgang.

Von Tobias Kühn

Schwache, erdbebenartige Erschütterungen geben offenbar Hinweise auf Schmelzprozesse im Schelfeis der Antarktis. Ein Team um den Glaziologen Douglas MacAyeal von der Universität Chicago hat diesen Effekt am Beispiel des McMurdo-Schelfeises in einer Studie im Fachmagazin Annals of Glaciology untersucht. Schelfeis ist Eis, das über die Landmasse hinaus ins Meer ragt. Dort entstehen im Sommer kleine Seen, die mit einem Gemisch aus Eis und Wasser gefüllt sind und die meiste Zeit von einer Eisschicht bedeckt sind. Abends kühlt diese ab und zieht sich zusammen, während sich das Wasser darunter ausdehnt. Dieser Vorgang erzeugt Spannungen und lässt das Eis reißen, was wie ein schwaches Erdbe- ben gemessen werden kann. Das gleiche Phänomen ist auch in gemäßigten Breiten in harten Wintern zu hören. Wenn dort der Boden gefriert, kann das zu unter- irdischen Spannungen führen, die sich in einem Knall entladen.

Anders Levermann, Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, hält es für bedeutsam, dass die Arbeit Vorgänge im Bereich von wenigen Stunden und einigen Hundert Quadratmetern in den Blick nimmt. Prognosen zum Verschwinden der Gletscher berücksichtigten meistens nur langfristige und großräumige Prozesse. 95 Prozent des Eisverlusts in der Antarktis würden aber nicht durch Schmelzen verursacht, sondern weil Gletschereis ins Meer rutsche, also durch Bewegung. Wenn sich das Eis schneller verändere als gedacht, bedeute das wahrscheinlich mehr Bewe- gung und daher einen größeren Eisverlust als ange- nommen.

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