Meeresökologie:Lasst die großen Fische leben

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Der Kabeljau ist eine beliebte Trophäe, nicht nur für Hobbyangler. Besonders große Tiere sollten aber besser zurück ins Wasser. (Foto: imago)
  • Bislang glaubten die Ökologen, dass die kleineren Tiere besonders geschützt werden müssen.
  • Das Gegenteil ist der Fall: Wer einen großen Fisch fängt, schadet der Fischgemeinde stärker, als wenn er das gleiche Gewicht an kleinen Fischen erlegt.

Von Kathrin Zinkant

Der Traum des gemeinen Hobbyanglers ist der große Fisch. Ob Kabeljau, Marlin oder Thun, je kapitaler das gefangene Exemplar, desto größer der Ruhm - desto größer aber auch der Schaden für den Fischbestand, wie eine aktuelle Studie nahelegt.

Forscher des Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und der Monash University im australischen Sydney haben demnach gezeigt, dass die größeren weiblichen Vertreter einer Spezies meist unverhältnismäßig fruchtbarer sind als kleinere Artgenossen.

Bisher war man davon ausgegangen, dass die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen in einem festen Verhältnis zum Gewicht stünde, weil die Tiere eine ihrer Masse entsprechende Menge Energie in die Produktion von Keimzellen, insbesondere von Eiern, investieren. Ein weiblicher 30-Kilogramm-Kabeljau würde in diesem Modell genauso viele Eizellen produzieren, wie zwei Exemplare von je 15 Kilogramm. So gesehen wären die Fortpflanzungschancen der Tiere eher größer, wenn anstelle mehrerer kleiner Fische eher ein großer an die Angel ginge.

Wie die Meeresbiologen um den Australier Dustin Marshall nun aber in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science berichten, ist genau das Gegenteil der Fall: Wer einen großen Fisch fängt, schadet der Fischgemeinde stärker, als wenn er das gleiche Gewicht an kleinen Fischen erlegt.

In Schutzgebieten werden die Tiere schwerer und damit auch fruchtbarer

Die Forscher hatten die Eiablagen von knapp 350 verschiedenen Meeresfischen bezüglich Zahl und Energiegehalt der Eier untersucht und festgestellt, dass größere Tiere offenkundig sehr viel mehr in die Reproduktion investieren können als bislang vermutet. Besonders deutlich zeigte sich dieser Effekt beim Kabeljau: Ein Weibchen mit 30 Kilogramm Gewicht produziert demnach so viele Eier wie 28 Zwei-Kilo-Exemplare der gleichen Art - die gemeinsam 56 Kilogramm auf die Waage bringen. Weil die einzelnen Eier des großen Tiers außerdem mehr Volumen und einen größeren Energiegehalt haben, entspricht das Gelege sogar dem von 37 Zwei-Kilo-Fischen.

Da solche - fachchinesisch hypoallometrisch genannten - Verhältnisse für die meisten untersuchten Fischarten gelten, sprechen sich die Autoren der Studie für einen begrenzten Fang größerer Exemplare einer Art und zugleich für mehr marine Schutzgebiete aus. Untersuchungen haben gezeigt, dass Fische in solchen Schutzgebieten im Durchschnitt um 26 Prozent größer werden als in Fangregionen. Laut der Studie würde die Fruchtbarkeit der Bestände dann um deutlich mehr als 26 Prozent zunehmen. Zahlreiche unabhängige Experten unterstützen deshalb die Forderungen der Autoren. Auch der deutsche Meeresökologe Rainer Froese vom Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel lobt die Studie in Science.

Es gibt aber auch kritische Stimmen, die sagen, große "Superlaicher" seien zu selten, als dass sie die Fischbestände weltweit retten könnten. Zudem werde der Fruchtbarkeit im Fischmanagement bereits Beachtung geschenkt. Ob die aber reicht oder die Forscher mit ihrer These doch recht haben, kann sich erst zeigen, wenn die neuen Schutzvorschläge umgesetzt werden.

© SZ vom 14.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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