Süddeutsche Zeitung

Meeresbiologie:Ein Pokemon!

Auf einer Tiefsee-Expedition stoßen Forscher in mehr als 1500 Metern Tiefe auf ein unbekanntes Wesen: einen violetten Ball, fünf Zentimeter im Durchmesser. Wahrscheinlich ist es eine Schnecke.

Von Hanno Charisius

Mehr als 1500 Meter unter dem Meeresspiegel fand ein ferngesteuerter Tauchroboter vor wenigen Tagen eine Kreatur, die ihrer äußeren Erscheinung nach gut in die Welt von Pokémon Go passen würde, jenem Handy-Spiel, das zurzeit Millionen Spieler weltweit in seinen Bann zieht: einen fünf Zentimeter großen Ball mit gezackter Oberfläche. Farbe: Violett. Im Licht der Kamera des unbemannten Unterseegefährts schien das Wesen zu leuchten. Was sie dort vor der Küste Kaliforniens gefunden haben, weiß die Besatzung des Forschungsschiffes Nautilus noch nicht. Die Wissenschaftler vermuten, dass es eine Art Schnecke ist. Ob es sich um eine noch unbekannte Art handelt oder lediglich eine, die noch nie zuvor in der Region gesichtet wurde, überprüft das Team derzeit mit Experten von der Harvard University.

Der Anblick des bunten Wesens überrumpelte die Wissenschaftler, die den Roboter gerade steuerten: "Was ist das?" - "Ich habe nicht die leiseste Ahnung", so hört man zwei Forscher miteinander staunen in einem Video von der Entdeckung, das man auf der Expeditionswebseite www.nautiluslive.org anschauen kann. Der Film zeigt auch eine Krabbe, die sich dem unbekannten Wesen nähert und es anstupst, bevor der Saugrüssel des Tauchroboters die bunte Kugel einfängt, um sie an Bord der Nautilus zu bringen. Die Entdecker vermuten, dass sie auf eine Schnecke gestoßen sind, die zur Unterordnung der Nacktkiemer gezählt werden kann. Zu diesen Nudibranchia zählen mehr als 2000 zum Teil extrem bunte Schneckenarten. Ihr grelles Äußeres gilt als Warnung für Feinde. Viele produzieren Gift.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3103048
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.08.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.