Medizin:Unter Strom

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Sobald der Strom fließt, schütten Nervenzellen vermehrt Botenstoffe aus. (Foto: mauritius Images)

Käthe Meier leidet über Jahre an Depressionen. Schließlich legen die Ärzte Elektroden an ihren Kopf. Die Elektrokonvulsionstherapie kehrt in die Kliniken zurück.

Von Jan Schwenkenbecher

Es ist 8.56 Uhr, als der Anästhesiepfleger der 71 Jahre alten Frau Propofol und Succinylcholin in ihre Venen spritzt, ein Narkosemittel und ein Muskelrelaxans. Zwei Minuten später wird ihr Körper erschlaffen. Ärzte und Pfleger warten, es ist eng im kleinen, fensterlosen Zimmer im Erdgeschoss der Mainzer Psychiatrie. Ein paar Apparate stehen herum. "60", sagt der Anästhesiepfleger nach einer Minute, und zählt runter: "40", "15". Es ist kurz vor 9 Uhr, als er "wir dürfen" sagt, der Assistenzarzt eine Hand-Elektrode an den Hinterkopf der Frau hält und auf "Treat" drückt. 602,8 Millicoulomb schießen ihr ins Gehirn, Milliarden Neurone richten den Takt ihrer Aktionspotenziale auf den Wechselstrom aus, feuern gleichzeitig. Die 71-Jährige bekommt einen Krampfanfall.

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