Es ist buchstäblich zum aus der Haut fahren. Die Körperoberfläche juckt, ist trocken und stellenweise gerötet. Wer an Neurodermitis leidet, weiß, was es heißt, eine empfindliche Haut zu haben – und zu sein. Zahlreiche Ursachen für die Entstehung der auch als atopisches Ekzem bezeichneten Krankheit werden diskutiert. Bis zu 15 Prozent der Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen sind von dem lästigen Hautleiden betroffenen, das sich nach der Pubertät oft wieder gibt. Manchmal sind die Mutmaßungen von Laien für die Erkrankten anstrengender als die Symptome selbst: Hast du vielleicht gerade Stress? Probier doch mal eine andere Ernährung. Bestimmt liegt es an den Waschmitteln, die du benutzt.
Nun spielen genetische Einflüsse, Umweltfaktoren und immunologische Veränderungen für die Genese der – übrigens nicht ansteckenden – Hauterkrankung eine wichtige Rolle. Was sich wie stark auf den Verlauf auswirkt, ist jedoch ungeklärt. Deshalb ruft eine aktuelle Veröffentlichung im Fachblatt Jama Dermatology womöglich weitere Irritationen hervor. Hautärzte der University of California in San Francisco zeigen in einer großen Auswertung, dass ein erhöhter Salzkonsum die Neigung zu Neurodermitis erhöhen könnte. Ein Gramm zusätzlich täglich – das entspricht etwa dem Salz in einem Big Mac – steigere demnach das Risiko um etwa 20 Prozent. Wer hingegen die Menge des täglich mit der Nahrung aufgenommenen Salzes reduziere, könne „womöglich kostengünstig und risikoarm die Wahrscheinlichkeit für Neurodermitis senken“, lautet die Schlussfolgerung der Autoren um Brenda Chiang.
„Niemand muss jetzt wegen dieser Befunde eine Diät machen“
Führt weniger Salz also dazu, dass die juckenden, schuppenden Ekzeme seltener aufblühen? Fachleute sind skeptisch, was solche Assoziationsstudien tatsächlich für Patienten bedeuten. „Eine salzärmere Ernährung ist sicher sinnvoll“, sagt Tilo Biedermann, Direktor der Hautklinik an der Technischen Universität München. „Aber niemand muss jetzt wegen dieser Befunde eine Diät machen.“ Die Empfehlung für Neurodermitis-Kranke laute vielmehr, ausgewogen und gesund alles durcheinander zu essen.
Hautärzte sehen sich eher mit dem Problem konfrontiert, dass Patienten alle möglichen Ernährungstipps befolgen und sich einschränken, weil sie Stoffe wie Milch oder Weizen unter Verdacht haben, dass diese ihr Leiden verschlimmern. „Es gibt zwar Nahrungsmittelallergien, die dazu führen, dass sich die Symptome verschlechtern, aber das ist sehr selten“, sagt Hautarzt Biedermann. „In einem von 100 Fällen trifft das vielleicht zu, doch 99 andere halten sich unnötigerweise an eine Diät.“ Es gehe eher darum, dass Patienten ihr Essverhalten und ihren Alltag normalisieren, statt nach immer neuen potenziellen Auslösern zu fahnden und gedanklich nur noch um die Krankheit zu kreisen.
Für sehr schwer Betroffene gibt es neue Medikamente, die in das Immunsystem eingreifen. Ansonsten gilt die Empfehlung, mit rückfettenden Cremes die gestörte Hautbarriere zu stabilisieren und Hautirritationen etwa in Chlorwasser zu vermeiden. Manchen Patienten tut Urlaub am Meer ziemlich gut – Salz auf statt unter unserer Haut.