Eingriff gegen Fehlbildungen:Operation im Mutterleib

Ungeborenen Kindern mit offenem Rücken drohen lebenslange Behinderungen. Doch die Fehlbildung ist während der Schwangerschaft relativ gut zu behandeln.

Werner Bartens

Drohen kindliche Fehlbildungen wie ein offener Rücken, kann eine Operation im Mutterleib die Prognose verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am heutigen Donnerstag im New England Journal of Medicine (online) veröffentlicht wird.

A pregnant woman poses with her bare belly at maternity photo studio 'Ixchel' in Tokyo

Wissenschaftler können nach eigenen Angaben erstmals den Eltern Hoffnung machen, "die bei der vorgeburtlichen Untersuchung erfahren, dass ihr Kind einen offenen Rücken haben wird". Ihre Studie zeigt, dass eine Operation im Mutterleib die Prognose für kindliche Fehlbildungen verbessern kann

(Foto: Reuters)

Kinder, die zwischen der 19. und 26. Schwangerschaftswoche operiert wurden, konnten im Alter von zweieinhalb Jahren ihre Beine besser bewegen, litten seltener an Komplikationen und waren weniger im Alltag eingeschränkt als jene Kinder, deren Defekt erst nach der Geburt korrigiert wurde.

"Erstmals können wir den Eltern Hoffnung machen, die bei der vorgeburtlichen Untersuchung erfahren, dass ihr Kind einen offenen Rücken haben wird", sagt Kinderchirurg Scott Adzick von der Kinderklinik Philadelphia, der Erstautor der Studie.

Bei der auch als Spina bifida bezeichneten Fehlbildung schließt sich während der frühen Embryonalentwicklung die Hülle um das Rückenmark nicht vollständig; manchmal bleiben der knöcherne Ring der Wirbelsäule, Weichteilgewebe und Haut ebenfalls offen. Das Rückenmark wird an der defekten Stelle leicht geschädigt.

Wenn es dort verwachsen ist und haften bleibt, können sich ein Wasserkopf und Fehlbildungen des Gehirns entwickeln. Die Kinder sind in schweren Fällen querschnittsgelähmt und haben keine Kontrolle über Blase und Darm. Oft wird das Gehirn auch geschädigt, und geistige Behinderungen sind die mögliche Folge, deren Ausmaß jedoch nie genau vorhergesagt werden kann.

In der aktuellen Studie sollten ursprünglich 200 Kinder mit offenem Rücken betreut werden, von denen die Hälfte im Mutterleib, die andere Hälfte gleich nach der Geburt operiert wurde. Die Untersuchung wurde jedoch nach der Behandlung von 183 Kindern vorzeitig abgebrochen, da die Vorteile des pränatalen Eingriffs so deutlich waren.

Die Gründe für das bessere Abschneiden sind plausibel: "Wenn wir den Rücken des Fetus früh verschließen, können wir weitere Komplikationen und Verschlimmerungen in der zweiten Schwangerschaftshälfte verhindern", sagt Nalin Gupta von der University of California in San Francisco, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war.

Für die Frauen ist der Eingriff allerdings mit einigen Risiken verbunden. Bauch und Gebärmutter werden für die Operation geöffnet. Frühgeburten sind anschließend häufiger; die Kinder kamen im Mittel schon der 34. Woche zur Welt. Die Geburt - wie spätere Geburten auch - kann zudem nur mittels Kaiserschnitt erfolgen. "Die Operation ist ein schwerer Eingriff, bei dem die Frauen ihr Leben riskieren", sagt Diana Farmer. "Aber die Ergebnisse sind überzeugend."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: