Mars-Rover "Curiosity":Auf dem Weg zum Mount Sharp

Die irrwitzige Landung auf dem Roten Planeten hat der Nasa-Rover "Curiosity" überstanden. Nun wird sich zeigen, ob seine eigentliche Mission ebenfalls ein Erfolg wird: Zwei Jahre hat der rollende Roboter Zeit, in den Geröllwüsten des Mars nach Spuren von Leben zu fahnden.

Alexander Stirn

Es war ein bisschen wie im Kino: Erdnüsse wurden geknabbert, die Blicke waren auf einen großen Schirm gerichtet, bei den besten Szenen gab es Applaus. Viel mehr konnten die Ingenieure der US-Raumfahrtbehörde Nasa auch nicht machen, als sie am frühen Montagmorgen deutscher Zeit die Landung ihres Forschungsroboters Curiosity auf dem Mars verfolgten: 248 Millionen Kilometer war der Rote Planet zu diesem Zeitpunkt von der Erde entfernt, jedes Funksignal brauchte knapp 14 Minuten.

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An ein Eingreifen während der letzten sieben Minuten, der besonders kritischen Phase der Landung, war daher nicht zu denken. Den Ingenieuren blieb nur Zuschauen, Mitfiebern und Jubeln.

Das wird sich in den kommenden Tagen und Wochen grundlegend ändern, schließlich soll die spektakuläre Landung nur der Anfang einer großen Erfolgsgeschichte gewesen sein. "Wir haben eine lange Mission vor uns, an deren Ende hoffentlich monumentale wissenschaftliche Erkenntnisse stehen werden", sagt Projektmanager Pete Theisinger.

Zehn wissenschaftliche Instrumente an Bord

Die wichtigste Frage, die Curiosity während seiner ferngesteuerten Streifzüge über den Mars klären soll, lautet dabei: Herrschten auf dem Roten Planeten einst Bedingungen, die Leben möglich gemacht haben?

Zehn wissenschaftliche Instrumente hat der Rover dafür an Bord. Das auffälligste und sicherlich auch abenteuerlichste sitzt an der Spitze des Masts, der aus dem kompakten, 900 Kilogramm schweren Fahrzeug herausragt. Es besteht aus einem Laser, der auf Felsbrocken gerichtet werden soll. Sein Licht ist so intensiv, dass ein stecknadelgroßer Teil des Gesteins schmilzt und hell aufleuchtet. Dieser Lichtblitz wird von einer Kamera an Bord des Rovers aufgefangen. Wie ein Fingerabdruck verrät die Zusammensetzung des Lichts, welche chemischen Elemente im geschmolzenen Gestein vorhanden sind.

Für die Marsforscher ist der Laser so etwas wie ein Frühwarnsystem, das mehrmals am Tag abgefeuert werden kann. Liefert der Fingerabdruck Hinweise auf interessante geologische Strukturen, werden die Wissenschaftler hellhörig. Falls möglich, dirigieren sie Curiosity dann in diese Richtung und schauen sich das Gestein genauer an. Dazu verfügt der Rover über mehrere wissenschaftliche Instrumente in seinem zwei Meter langen Roboterarm.

Neben einer Kamera und einer Art Lupe haben die Ingenieure dort auch einen Röntgendetektor eingebaut. Das System bombardiert Felsbrocken mit radioaktiver Strahlung und registriert, welche Röntgenstrahlung vom Gestein zurückgeworfen wird. Alle wichtigen Elemente, die im Boden und in Steinen vorkommen können, lassen sich auf diese Weise identifizieren - selbst dann noch, wenn ihre Konzentration bei lediglich 0,01 Prozent liegt.

Sollen die Ergebnisse noch detaillierter ausfallen, kann Curiosity mit seinem Bohrer oder seiner Schaufel Bodenproben nehmen und diese in einen Analyseofen schütten. Das rollende Labor beherrscht drei verschiedene Untersuchungsmethoden, mit deren Hilfe die chemischen Bausteine ausgemacht werden sollen, die wichtig für das Leben sind - zumindest für das Leben, wie wir es auf der Erde kennen. Spuren von Kohlenstoff und Wasserstoff, von Schwefel und Phosphor sind dazu nötig. Nur wenn diese Elemente anzutreffen sind, kann Leben auf dem Mars existiert haben. Oder noch immer existieren.

Für die direkte Suche nach Leben ist der Rover allerdings nicht gemacht: Er kann weder Fossilien noch Mikroben aufspüren. Er kann aber Hinweise darauf liefern, worauf die Forscher bei künftigen Missionen achten müssen und wie sie dem Planeten Schritt für Schritt seine Geheimnisse entlocken können. So soll im nächsten Jahrzehnt eine Raumsonde erstmals Bodenproben vom Mars zur Erde bringen. In den Dreißigerjahren könnten sich dann Menschen auf den Weg zu ihrem Nachbarplaneten machen.

Äußerst erfolgreiche Vorgänger

Curiosity ist bereits die dritte Generation von Nasa-Rovern auf dem Roten Planeten. Vor allem die direkten Vorgänger, die Mars-Roboter Spirit und Opportunity, waren äußerst erfolgreich. So ist Opportunity seit mittlerweile acht Jahren auf dem Planeten unterwegs. Der Rover, nicht einmal halb so groß wie Curiosity, hat dabei unter anderem salzige Gesteinsschichten entdeckt, die auf eine feuchte Vergangenheit des Planeten hindeuten.

Auch Aufnahmen von Raumsonden, die den Mars umkreisen, lassen wenig Zweifel daran, dass einmal fließendes Wasser auf dem heute staubtrockenen Planeten existiert haben muss. Eine dieser Aufnahmen zeigt Lehm- und Sulfat-Ablagerungen unweit der Landestelle von Curiosity - Bodenschichten, die nur auf einem feuchten Mars entstanden sein können.

Genau dorthin soll sich der Rover in den kommenden Monaten aufmachen. Sein eigentliches Ziel ist aber ein mehr als fünf Kilometer hoher Berg, der sich inmitten des Gale-Kraters erhebt, des Landeorts von Curiosity.

Marsforscher vermuten, dass der Krater einst mit Wasser gefüllt war, sodass sich Mineralien auf seinem Grund Schicht für Schicht ablagern konnten. An den flachen Hängen des Berges, von der Nasa "Mount Sharp" genannt, dürften diese Sedimente inzwischen offenliegen. Wie aus einem Buch soll der Rover aus den Schichten die geologische Vergangenheit des Mars ablesen - und daraus Temperatur, Druck und Feuchte während der unterschiedlichen Epochen bestimmen. Auch diese Daten sind entscheidend für die Frage, ob Leben existiert haben könnte.

Schnell wird das nicht gehen. In den kommenden Wochen will die Nasa das Gefährt Schritt für Schritt testen und anschließend in Betrieb nehmen. Vermutlich wird der Rover zunächst nur ein paar Meter fahren und dann nochmals auf Herz und Nieren geprüft.

"Wir haben keine Eile", sagt Theisinger. "Der Rover ist unbezahlbar, wir wollen die Mission nicht vermasseln, indem wir loslegen, ohne seinen Zustand genau verstanden zu haben."

2,5 Milliarden Dollar kostet die Mission, zwei Jahre soll der Einsatz mindestens dauern. Im Grunde könnte das Gefährt die zwei- oder dreifache Zeit durchhalten, das haben die Tests seiner Komponenten gezeigt. "Wir wären jedenfalls nicht schockiert, wenn das passieren würde", sagt Theisinger.

Frühestens in einem Jahr, so die derzeitigen Planungen, soll der Rover am Fuß des Mount Sharp ankommen. Trödeln wollen sie nicht, sagen die Nasa-Ingenieure. Es gebe auf dem Weg dorthin aber einfach zu viele interessante Flecken.

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