"Madonna-Effekt":Kritik an Promi-Adoptionen

Britische Wissenschaftler warnen vor dem "Madonna-Effekt": In manchen armen Ländern schicken Eltern ihre Kinder in Waisenhäuser, weil sie hoffen, dass der Nachwuchs von wohlhabenderen Familien aus dem Westen adoptiert wird.

Auf den ersten Blick scheint es eine tolle Sache zu sein, wenn reiche Leute ihr Geld investieren, um Waisenkindern aus armen Ländern ein schönes Leben zu ermöglichen. Nach Einschätzung britischer Wissenschaftler aber richtet die Adoption solcher Kinder durch Prominente aus dem Westen mehr Schaden als Nutzen an.

"Madonna-Effekt": Popstar Madonna mit ihren zwei leiblichen Kindern und David aus Malawi, den die Sängerin 2006 adoptiert hat.

Popstar Madonna mit ihren zwei leiblichen Kindern und David aus Malawi, den die Sängerin 2006 adoptiert hat.

(Foto: Foto: AP)

Von den Medien stark beachtete Adoptionen wie jene durch US-Popstar Madonna führten sogar dazu, dass mehr Eltern in ärmeren europäischen Staaten ihre Kinder in Waisenhäuser schicken, berichteten Psychologen der Universität Liverpool in einer aktuellen Studie.

"Wir haben herausgefunden, dass im Ergebnis dieses sogenannten Madonna-Effekts Eltern in armen europäischen Ländern jetzt ihre Kinder in dem Glauben aufgeben, dass sie ein besseres Leben im Westen mit einer wohlhabenderen Familie haben werden", sagte Kinderpsychologe Kevin Browne, der die Studie geleitet hat.

Bei vielen Waisen lebt ein Elternteil noch

Dabei habe sich gezeigt, dass in untersuchten Waisenhäusern in 25 Ländern 96 Prozent der Kinder nicht Vollwaisen seien, "sondern in Wirklichkeit noch mindestens ein Elternteil lebt und den Behörden sogar meist bekannt ist".

Bei Adoptionen durch reiche Eltern aus westlichen Industriestaaten in ärmeren Ländern würden dortige Waisenhäuser und Behörden oft "erhebliche Summen" einnehmen, erklärte Browne. Oft werde dabei gegen die UN-Konvention über die Rechte von Kindern verstoßen.

Die Konvention sehe internationale Adoptionen nur als allerletzte Möglichkeit an, wenn zuvor alles versucht wurde, dem betreffenden Kind in seinem Heimatland Ersatzeltern zu vermitteln.

Als "Madonna-Effekt" wird diese Praxis nach Angaben von Browne unter Fachleuten bezeichnet, nachdem die Sängerin 2006 unter starker Beachtung der Medien einen kleinen Jungen aus einem Heim in dem südafrikanischen Land Malawi adoptierte.

Inzwischen sucht der Popstar angeblich nach einem weiteren Kind zum adoptieren - diesmal allerdings in Indien. Denn die Adoption in Afrika hatte für großen Wirbel gesorgt. Es war nämlich bekannt geworden, dass der Vater des kleinen David noch lebte.

Madonna ist nicht die einzige Prominente, die ein Kind aus dem Ausland in ihre Familie aufgenommen hat. So haben zum Beispiel die Hollywoodstars Angelina Jolie und Brad Pitt drei Kinder aus Vietnam, Äthiopien und Kambodscha adoptiert.

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