Luftfahrt:Neue Karten alle sieben Jahre

All diese Werte müssen in den Luftfahrtkarten verzeichnet sein. Eher langfristig angelegte Karten enthalten zudem Angaben zur jährlichen Veränderung der Deklination. In München zum Beispiel soll die Abweichung im Jahr 2015 bereits bei zwei Grad und 42 Minuten liegen. "Möglich werden solche Prognosen durch globale Modelle, die die Deklination für jeden Punkt der Erde berechnen und so vorhersagen können", sagt Korte.

Die Modelle speisen sich aus den Erfahrungswerten der Vergangenheit, ihre Genauigkeit wird regelmäßig von geomagnetischen Observatorien und speziellen Satelliten überprüft. Die aktuellen Modelle decken dabei den Zeitraum von 2010 bis 2015 ab, erst danach wird wieder ein neues Modell mit verfeinerten Daten entworfen. Das heißt aber auch, dass die Modellrechnungen zum Ende ihrer Lebenszeit immer ungenauer werden. "Für den praktischen Nutzen der Navigation sind die Daten aber selbst nach fünf Jahren noch ausreichend", sagt Korte.

Axel Raab, Sprecher der Deutschen Flugsicherung, kann das bestätigen. "Unsere Karten und Routen werden normalerweise geändert, wenn sich die Werte um ein Grad verändert haben. Das ist in Deutschland in der Regel nach sieben Jahren der Fall." Mitunter sind aber auch schnellere Anpassungen nötig. Raab erinnert sich an einen Fall, in dem sich Anwohner über geänderte Flugrouten beschwerten. Die Flugsicherung hatte ihre Kurse allerdings nicht angetastet, lediglich die magnetische Deklination war größer geworden. Allein dadurch hatten sich die Flugrouten um einige hundert Meter verschoben.

Die Piloten in modernen Verkehrsflugzeugen müssen sich mit all dem kaum noch herumschlagen. Sie erhalten vom Bordcomputer oder von den Fluglotsen einen Steuerkurs, der sowohl um die magnetische Deklination als auch um die Windrichtung korrigiert ist. So können die Piloten stur nach Kompass fliegen. Dann wiegt es auch nicht mehr so schwer, dass die Magnetnadel bei einem Flug über den Nordatlantik verrücktzuspielen scheint: Beim Start in München weicht sie noch um zwei Grad nach Osten ab, über Grönland sind es dann 25 Grad nach Westen. Wer die ganze Zeit stur Westkurs gemäß Kompass fliegen würde, käme niemals ans Ziel.

"Die meisten Piloten nutzen ohnehin intensiv das GPS", sagt Raab. Die Satellitennavigation kann, sobald sich ein Flieger bewegt, sehr genau dessen Richtung bestimmen. Professionelle GPS-Geräte verfügen zudem über Algorithmen, die den wahren Kurs an jedem Ort in einen magnetischen Kurs umrechnen. All das entbindet Piloten nicht von der Pflicht, sich mit der magnetischen Navigation auseinanderzusetzen: Kompass und Funkfeuer sind laut Gesetz die primären Sensoren zur Navigation. Ohne sie darf kein Flugzeug abheben, ohne ihre Kenntnis darf kein Pilot ans Steuerhorn.

Hinzu kommt, dass nicht nur das langsame, mehr oder weniger vorhersehbare Wandern des Magnetpols die Navigation erschwert. Besonders in hohen Breiten können geomagnetische Stürme zu einem Problem werden; hervorgerufen vom Sonnenwind, lenken sie Magnetnadeln um bis zu fünf Grad ab.

Deutlich stärkeren Einfluss haben lokale Anomalien, die auf magnetisierte Gesteine in der Erdkruste zurückgehen - oftmals Überreste vulkanischer Aktivitäten. Sie können die Deklination auf einen Schlag gravierend verändern. Nordwestlich der amerikanischen Stadt Minneapolis wird aus einer Ablenkung um 17 Grad in östliche Richtung beispielsweise innerhalb von zehn Kilometern ein Ausschlag von zwölf Grad nach Westen. An Bord eines jeden Flugzeugs befinden sich daher auch sogenannte Isogonenkarten, die ähnlich einer Höhenkarte für jeden Ort auf dem Globus die magnetische Deklination angeben.

Was die magnetische Zukunft bringen wird, kann niemand genau sagen. "Im Detail verstehen wir diesen Prozess noch nicht", sagt Korte. Eine beschleunigte Wanderung des Nordpols, ein Abschwächen des Magnetfelds, sogar ein komplettes Umpolen sind theoretisch möglich. Bis Nord- und Südpol die Plätze tauschen und alle Navigatoren in die Verzweiflung treiben, dürften aber noch viele tausend Jahre vergehen. Genug Zeit, um eine Alternative zur Magnetnavigation zu finden.

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