Akku-Recycling:Schreddern, mahlen, verdampfen

Akku-Recycling: In einem Reinraum werden neue Batteriezellen aufgebaut.

In einem Reinraum werden neue Batteriezellen aufgebaut.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Mit einem neuen Verfahren sollen sich Lithium-Ionen-Batterien umweltschonend recyceln lassen. Taugt die Methode auch für die Praxis?

Von Steve Przybilla

"Und was ist mit den Batterien?" Es vergeht keine Diskussion zwischen Elektroauto-Befürwortern und -kritikern, bei der die Ökobilanz der Hochvolt-Akkus nicht irgendwann zur Sprache kommt. E-Autos sind deutlich klimafreundlicher als Verbrenner. Doch der Abbau der Rohstoffe in Afrika und Südamerika läuft alles andere als konfliktfrei ab. Immer wieder klagen Indigene, auf deren Land sich die Minen befinden, über Landraub, Luft- und Wasserverschmutzung. Allein 2022 wurden nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) über zehn Millionen E-Autos verkauft. Der weltweite Boom der Elektromobilität verschärft die Probleme in den Abbaugebieten. Und die mühsam gewonnenen Rohstoffe landen am Ende vielfach im Müll: Das Recycling ist kompliziert und gelingt nur mithilfe oft giftiger Chemikalien. Ein von Karlsruher Forschenden entdecktes Verfahren könnte das nun ändern. Doch unabhängige Experten sind zurückhaltend.

Die Abfallmengen, um die es geht, sind aktuell noch gering, doch dies dürfte sich in den kommenden Jahren ändern. Der Chemiekonzern BASF baut im brandenburgischen Schwarzheide bereits vorsorglich eine Recyclingfabrik, die 2024 eröffnen soll. Auch Volkswagen und Mercedes-Benz errichten Pilotanlagen. Hinzu kommen von der Autoindustrie unabhängige Recyclingfirmen, die ein Millionengeschäft wittern.

Über 70 Prozent des Lithiums sollen mit dem Verfahren zurückgewonnen werden

Doch die aktuell üblichen Recyclingverfahren stecken noch in der Erprobungsphase; sie sind aufwendig, teuer und aus ökologischer Sicht ebenfalls problematisch. Zuerst werden die Batteriemodule entkernt, dann landen sie in einem Reißwolf. Danach werden Kunststoff- und Metallteile herausgefiltert. Übrig bleibt eine sogenannte Schwarzmasse, die die begehrten Rohstoffe enthält - Lithium, Nickel und Kobalt. Um diese aus dieser Masse zu lösen, sind verschiedene Chemikalien nötig. Obendrein funktioniert dieser letzte und wichtigste Schritt bisher allenfalls im Labor.

Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun ein Verfahren entwickelt, das ohne giftige Chemikalien auskommt. In der Fachzeitschrift Nature Communications Chemistry stellt das Team um Oleksandr Dolotko die neue Methode vor, mit der über 70 Prozent des Lithiums aus Batterieabfällen zurückgewonnen werden sollen. Um das zu erreichen, schreddern die Fachleute nicht nur die Batterien, sondern zermahlen sie auch. Am Ende greifen sie auf Aluminium zurück, ein Element, das ohnehin in der Batterie-Katode enthalten ist. Das Aluminium reagiert mit den zermahlenen Abfällen zu einer wasserlöslichen Lithium-Verbindung. Zuletzt wird das Gemisch in Wasser aufgelöst und erhitzt. Das Wasser verdampft und übrig bleibt ein Lithium-Salz, aus dem sich neue Lithium-Ionen-Akkus herstellen lassen.

Das KIT-Institut für Angewandte Materialien - Energiespeichersysteme (IAM-ESS) hat für das Forschungsprojekt mit dem Helmholtz-Institut Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) und dem Energiekonzern EnBW kooperiert. Da die mechanochemische Reaktion bei Umgebungstemperatur und -druck abläuft, sei das Verfahren besonders energieeffizient, schreibt das KIT. Ein weiterer Vorteil liege im einfachen Ablauf, wodurch der Einsatz im industriellen Maßstab erleichtert werde.

Bei anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich mit Batterie-Recycling beschäftigen, klingt indes Skepsis durch. "Das beschriebene Verfahren ist sicherlich interessant, da es mit relativ wenig bedenklichen Chemikalien auskommt", sagt Christoph Neef, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Allerdings sei die Rückgewinnungsquote von 70 Prozent recht gering. In industriellen Pilotanlagen ließen sich bereits Rückgewinnungsraten von etwa 90 Prozent erzielen, wenngleich mit mehr Chemie- und Energie-Einsatz. "Ich würde das Verfahren also nicht als ,die Lösung' bezeichnen", sagt Neef. Ein nächster Schritt wäre die Anwendung auf richtige Schwarzmasse, die neben dem Kathodenmaterial und der Aluminiumfolie noch viele weitere Komponenten enthalte.

Mareike Partsch, Abteilungsleiterin am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) in Dresden, sieht es ähnlich. Sie spricht von einem "interessanten Ansatz", der allerdings nur das Lithium betrachte. Andere kritische Metalle, die in der zermahlenen Batteriemasse enthalten sind, müssten zusätzlich herausgefiltert werden. Und: "Mögliche Verunreinigungen aus realen Schwarzmassen (Elektrolyt, Kupfer, Fluorid) werden nicht betrachtet", erklärt Partsch. Die Reinheit des Lithiumkarbonats werde im Realbetrieb wahrscheinlich sinken.

Auch die Rückgewinnungsquote von maximal 76 Prozent sieht die Expertin kritisch: Sie könne zukünftig zu gering sein, wenn höhere Recyclingquoten vorgeschrieben werden. Die Europäische Union überarbeitet im Rahmen ihres "European Green Deal" derzeit ihre Batterie-Verordnung, wodurch künftig strengere Mindest-Recyclingquoten gelten sollen.

Wie auch immer die Vorgaben am Ende ausfallen: Ein wirkungsvolles Recyclingverfahren im industriellen Maßstab tut not, nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Laut ADAC stecken in einem einzigen 50-Kilowattstunden-Akku eines Elektroautos etwa vier Kilogramm Lithium, elf Kilo Mangan, zwölf Kilo Kobalt, zwölf Kilo Nickel und 33 Kilo Grafit. Hinzu kommen ausrangierte Laptops, Handys und andere Elektrogeräte, in denen tonnenweise Rohstoffe stecken, - ein Schatz, der ohne effektives Recycling einfach als Sondermüll endet.

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