Immer mehr Menschen, immer weniger Rohstoffe:Die letzten Ressourcen der Erde

Eine wachsende Menschheit ist auf die Rohstoffe angewiesen, die unser Planet zu bieten hat. Doch die Ressourcen sind endlich, der Kampf um sie hat längst begonnen. Und es ist oft eine Tragödie, die da längst am Laufen ist.

Patrick Illinger

Wenn nüchterne Akademiker theatralische Metaphern verwenden, sollte man hellhörig werden. So zum Beispiel bei dem Begriff "tragedy of the commons", zu Deutsch etwa "Die Tragödie der Gemeinschaftsgüter". So nennen Ökonomen ein Phänomen, das sich am Beispiel einer Erbschaft erklären lässt:

Trockenheit in Thailand

Ackerland, sauberes Trinkwasser, Erdöl oder wichtige Industriemetalle: Viele Ressourcen sind bereits in einer Welt mit sieben Milliarden Menschen dramatisch verknappt.

(Foto: dpa)

Ein Vater hinterlässt seinen fünf Kindern ein Vermögen von 50.000 Euro. Im besten Fall bekommt jedes der Nachkommen ein Fünftel davon und steht danach in der Verantwortung, sein Erbteil vernünftig und maßvoll zu verwalten.

Doch was passiert, wenn die Hinterlassenschaft auf einem Gemeinschaftskonto deponiert wird und jeder Erbe - zum Beispiel per Kreditkarte - Zugriff auf das Guthaben bekommt? Es braucht nicht viel Phantasie, um sich den grausamen Wettlauf vorzustellen, bei dem die Erben alles daran setzen, möglichst viel des Vermögens zu verpulvern, bevor es der Rest der Verwandtschaft tut.

Genau das passiert mit den Rohstoffen dieser Erde. Egal ob es um Erdöl geht, um wichtige Industriemetalle, um Ackerland oder um sauberes Trinkwasser: Viele Rohstoffe, ob nachwachsend oder nicht, sind in einer Welt mit sieben Milliarden Menschen dramatisch verknappt, und der beginnende Wettkampf um Ressourcen, schon heute nicht selten von Gewalt und Kriegen begleitet, wird sich in den kommenden Jahrzehnten noch verschärfen.

Längst sind die Zeiten passé, in denen natürliche Rohstoffe angesichts der Größe des Planeten im Verhältnis zu einer überschaubaren Menschheit als unendliche Größen angesehen werden können.

Die Begrenztheit ist offensichtlich

Die Begrenztheit vieler Ressourcen ist offensichtlich. In das weltweit größte Ölfeld werden täglich Hunderte Tonnen Meerwasser gepumpt, damit überhaupt noch Öl aus dem saudischen Wüstenboden quillt. 6000 Menschen sterben jeden Tag, weil sie verschmutztes Wasser trinken.

Die USA haben bereits mehr Eisen aus dem eigenen Boden geholt, als dort mit klassischen Bergbaumethoden noch zu fördern ist. Weltweit ist schon heute in Städten, Häusern und Fahrzeugen mehr Kupfer verbaut, als noch im Erdboden verfügbar ist. Rund 60 chemische Elemente braucht es, um ein modernes Handy zu bauen. Viele davon sind seltene Metalle wie das aus Coltan-Erz gewonnene Tantal, das in Afrika unter grauenhaften Umständen gefördert wird und beispielsweise den Kongo im permanenten Kriegszustand hält.

Die Begrenztheit von Ressourcen vor Augen, kaufen bevölkerungsreiche Staaten wie China, Indien und Korea bereits riesige Landflächen in Afrika oder Madagaskar. Um die eigenen Ansprüche auf arktische Bodenschätze zu markieren, hat Russland eine Flagge in den Grund des Nordpolarmeers gerammt.

Und nachdem die USA 1983 - nicht zuletzt mit Blick auf das Erdöl des Nahen und Mittleren Ostens - das militärische Regionalkommando CENTCOM eingesetzt haben, wurde 2007 ein weiteres Regionalkommando aufgebaut, das United States Africa Command, AFRICOM.

Dass es dabei um reine Entwicklungshilfe geht, darf getrost bezweifelt werden. Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe prüft bereits den Nutzen sogenannter Manganknollen, metallhaltige Erzbrocken, wie sie in weiten Teilen der Ozeane am Meeresgrund zuhauf herumliegen.

Beim Kampf um die Gemeinschaftsgüter dieses Planeten geht es aber nicht nur um den Verbrauch von Rohstoffen. Es geht auch um die Zerstörung natürlicher Ressourcen wie Korallenriffe, Regenwälder und Erdatmosphäre. Noch 750 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, haben Klimaforscher errechnet, darf die Menschheit in die Lufthülle der Erde blasen, bis der Klimawandel unbeherrschbar wird.

Aber welche Nation darf wie viel der 750 Gigatonnen CO2 beitragen? Die Klimakonferenzen der letzten Jahre haben gezeigt, dass auch hier die Mechanismen der Gemeinschaftsgüter-Tragödie einsetzen: Wie eine Hausgemeinschaft, bei der die gemeinsame Mülltonne von jeder einzelnen Partei hemmungslos vollgestopft wird, so blasen Industrienationen und Schwellenländer die Abfallprodukte ihrer fossilen Brennstoffe ungebremst in die Atmosphäre.

Die Hausgemeinschaft kann eine größere Mülltonne beantragen. Eine neue Erdatmosphäre wird es nicht geben.

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