Lernen:Geschmack der Kindheit

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Junge Zebramangusten werden von Paten erzogen.

(Foto: imago/Nature Picture Library)

Auch Tiere pflegen Vorlieben, was ihr Essen angeht. Aber wie entsteht die besondere Liebe für bestimmte Nahrung? Bei Zebramangusten ist wohl eine spezielle Form der Kinderbetreuung entscheidend.

Von Katrin Blawat

Gehören Rosinen in den Apfelkuchen oder verhunzen sie im Gegenteil das gesamte Backwerk? Welche Gewürze braucht es unbedingt für eine gute Sauce Bolognese? Zu einem beträchtlichen Teil hängen die Antworten auf solche Fragen davon ab, wie es einst die Eltern gehalten haben. Kaum etwas hält sich so hartnäckig wie die Vorliebe für jene Mahlzeiten, die man als Kind Zuhause gegessen hat. Dieses Beharren auf die früh gelernten Ernährungsgewohnheiten ist nicht allein typisch für den Menschen, sondern tritt in ausgeprägter Form zum Beispiel auch bei Zebramangusten auf, wie Biologen in der Fachzeitschrift Current Biology beschreiben.

Die in Gruppen lebenden Tiere haben eine ungewöhnliche Form der Kinderbetreuung entwickelt. Wenn die Jungen nach etwa einem Monat ihren Bau verlassen, suchen sie sich einen - meist nicht mit ihnen verwandten - Paten, von dem sie sich die nächsten Wochen beschützen, beschäftigen und vor allem zeigen lassen, was als Futter taugt und wo und wie man es sich beschafft. Die Studie eines Teams um Catherine Sheppard von der University of Exeter zeigt nun, wie prägend diese wenigen Wochen der kulinarischen Erziehung sind.

Noch als erwachsene Tiere orientierten sich die Zebramangusten in ihrer Nahrungsbeschaffung eng an dem, was ihnen ihr Pate Jahre zuvor nur wenige Wochen lang vorgelebt hatte. Besonders deutlich war diese "kulturelle Vererbung", wie die Autoren das Phänomen nennen, bei jenen Tieren ausgeprägt, die als Junge viel Zeit mit nur einem Paten verbracht hatten. Manche Zebramangusten suchen sich jedoch mehrere Paten, die sie im Wechsel betreuen. In diesen Fällen hatten die Tiere, die sich unter anderem von Insekten ernähren, später als Erwachsene ein breiteres Spektrum, wie und wo sie Beute suchten.

Vom Eins-zu-eins-Modell der Kinderbetreuung profitieren alle

"Es war eine große Überraschung, dass das Jagdverhalten, das in den ersten drei Lebensmonaten gelernt wird, ein Leben lang erhalten bleibt", sagt Studienleiter Michael Cant. Er und seine Co-Autoren konnten zudem zeigen, wie das Eins-zu-eins-Modell der Kinderbetreuung die Diversität der gesamten Zebramangusten-Gruppe fördert. Weil jeder Pate eine andere Vorliebe vermittelt, bevorzugt später auch jedes der erwachsenen Tiere etwas andere Jagdtechniken und -orte.

Die Studie liefert einen weiteren Beleg für die große Rolle, die kulturelle Prägungen im Tierreich spielen. Forscher kennen zahlreiche Beispiele, etwa von einer Gruppe Orang-Utans, die sich im Gegensatz zu den meisten ihrer Artgenossen Sonnenschutzdächer baut, über eine Sippe Buckelwale, die eine spezielle Jagdtechnik kultiviert haben, bis hin zu Meisen, die eine Spezialmethode an ihre Artgenossen weiter geben, um eine Futterkiste zu öffnen. "Kulturelle Vererbung beeinflusst das Verhalten auch von Tieren, bei denen man das nicht erwarten würde", sagt Cant, "und mit Sicherheit braucht es dafür keine besondere kognitive Komplexität."

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