Leichenteile an Amerikas Küste:Elf abgetrennte Füße

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Seit Jahren werden an der nordamerikanischen Pazifikküste immer wieder Leichenteile angeschwemmt - immer sind es Füße, immer stecken sie in Turnschuhen. Treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der seine Opfer zerstückelt? Rechtsmediziner haben eine andere Erklärung.

Bernadette Calonego, Vancouver

Die kanadische Forensikerin Gail Anderson kann die Aufregung um angeschwemmte Füße in Turnschuhen nicht verstehen. Vor einigen Tagen ist der elfte in einem Sportschuh steckende Fuß bei einem Yachthafen in Vancouver entdeckt worden - und hat erneut wilde Spekulationen um einen Serienmörder oder Racheaktionen krimineller Banden ausgelöst.

Aber Anderson, Professorin an der Simon-Fraser-Universität in Vancouver, erklärt die an der kanadischen Pazifikküste angeschwemmten Füße mit natürlichen Ursachen. Wenn eine Leiche im Wasser treibe, falle der tote Körper auseinander, "und die Füße lösen sich vom Rest des Beines".

Und während sich die anderen Leichenteile allmählich auf dem Meeresgrund auflösen, trieben in Sportschuhen steckende Füße an die Oberfläche, denn: "Die modernen Turnschuhmodelle wirken wie Schwimmwesten." Das Phänomen trete auch nicht nur in Nordamerikas auf: Eine Forensikerin aus Neuseeland habe ihr erzählt, dass dort ebenfalls Füße in Turnschuhen angeschwemmt würden, sagt Anderson.

Es sind insgesamt acht menschliche Füße, die seit 2007 an einem Strand in der Region von Vancouver gefunden wurde. Drei weitere wurden vom Meer weiter Richtung Süden getragen und an der Pazifikküste des US-Bundesstaats Washingtons entdeckt - immer in Sportschuhen. In Kanada konnte die mysteriöse Fundserie bisher nicht aufgeklärt werden. Auch die Tatsache, dass mindestens vier der entdeckten Füße zu vermissten Menschen gehörten, brachte die Ermittlungen nicht weiter.

Dank der DNS konnten die Behörden bislang vier der elf gefundenen Füße zuordnen. Einer davon gehörte dem 21-jährige Sohn einer Sikh-Familie aus Surrey bei Vancouver. Er sprang 2004 von einer Brücke über dem Fluss Fraser, um seinem Leben ein Ende zu bereiten.

Seine Füße wurden 2008 an unterschiedlichen Orten angespült. Einem anderen an Depressionen leidenden Mann gehört der erste 2007 gefundene Fuß. Ein vierter Turnschuh wurde einem vermissten Kanadier zugeordnet. "Bei den identifizierten Füßen gibt es keinerlei Hinweise auf Verbrechen", sagt Anderson.

Auch beim jüngsten Fund hat die Autopsie nach Angaben der Ermittler ergeben, dass der Fuß nicht etwa vom Rest des Körpers gewaltsam abgetrennt worden sei, sondern sich nach langer Zeit im Wasser von allein gelöst habe. Den Behörden zufolge wurde zwar eine DNS-Probe entnommen. Allerdings seien nur Rückschlüsse auf das Opfer möglich, sollte dieses Profil in einer DNS-Datenbank zu finden sein.

© SZ vom 05.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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