SZ-Klimakolumne:In der Lautbläserzeit

SZ-Klimakolumne: Man könnte das Laub auch mit Harke und Besen zur Seite kehren - das macht aber mehr Arbeit.

Man könnte das Laub auch mit Harke und Besen zur Seite kehren - das macht aber mehr Arbeit.

(Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Die lärmigen Geräte, mit denen das Laub von Wegen gepustet wird, sind nicht nur nervtötend, sondern auch noch sehr umweltschädlich. Warum lassen wir das nicht einfach?

Von Thomas Hummel

Der Herbst kann golden sein. Er kann aber auch sehr laut sein. Kürzlich holte der Hausmeister aus der Nachbarsiedlung seinen Laubbläser heraus und "fegte" damit den Eingangsbereich eines Mehrfamilienhauses. Es flogen ein paar Blätter herum, auch Staub und Dreck. Das Gerät dröhnte wie gewohnt in Kreissägen-Lautstärke, es ist immer wieder erstaunlich, welchen Lärm diese Dinger machen. Da ging im Erdgeschoss ein Fenster auf.

Ein Bewohner streckte seinen Kopf heraus und brüllte zornig: "Lauter! Lauter! Lauter!" Es entwickelte sich ein Lärm-Duell zwischen dem Laubbläser und dem Brüller. Der Hausmeister wirkte verschreckt, machte seine Maschine aus. Daraufhin entwickelte sich eines dieser unangenehmen Gespräche zwischen einem pflichtbewussten Angestellten, der mit dem ihm zur Verfügung gestellten Gerät seiner Arbeit nachgeht. Und einem genervten Anwohner, der die 100 Dezibel einfach nicht mehr ertragen will. Und dem Hausmeister am liebsten einen Besen in die Hand drücken möchte, den dieser aber ablehnt.

Der Nutzer des Laubbläsers atmet allerlei Schadstoffe ein

Was das mit dem Klimaproblem zu tun hat? Klimaschutz ist immer auch Naturschutz, und diese Laubbläser sind erwiesenermaßen ein Riesenproblem für die Biodiversität, gerade für Kleinstlebewesen, Insekten, Igel et cetera. Zudem vergiftet sich der Hausmeister mit dem Ding quasi selbst, weil alle möglichen Schadstoffe aufgewirbelt werden, angeblich sogar pulverisierter Hundekot, und er diesen Staub dann einatmet. Und drittens benötigen die Lärmgeräte eben auch Benzin, was bei einem Laubbläser nicht weiter tragisch wäre, bei Hunderttausenden aber schon.

Und so stellt sich hier die Frage: Wieso dürfen solche Geräte überhaupt hergestellt, vertrieben, genutzt werden? Wo sie doch im Grunde nur Schaden anrichten? Und diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit Klima- und Umweltschutz auch in anderen Bereichen. Wieso dürfen Automobilhersteller riesige Karossen anbieten, obwohl in den Städten gar kein Platz mehr für sie ist? Wieso dürfen Menschen von München nach Stuttgart fliegen, obwohl der Zug quasi genauso schnell ist? Wieso dürfen Menschen eigentlich die Erderwärmung weiter vorantreiben, obwohl jedermann inzwischen weiß, dass dies riesige Schäden und viel Leid verursacht?

Die Antwort darauf ist vermutlich: Weil sie es können. Weil viele glauben, dadurch persönliche Vorteile zu haben. Weil sie zum Beispiel damit Geld verdienen. Das Große und Ganze soll jemand anders regeln. Zum Beispiel die Akteure bei der 27. Weltklimakonferenz, die im November in Ägypten stattfindet. Da werden Laubbläser wohl keine Rolle spielen. Deshalb stelle ich hier die Frage: Ärgern Sie sich auch über die Lärmgeräte? Oder gehen sie im Getöse der Welt unter und sind eigentlich halb so schlimm?

Schicken Sie Ihre Meinung dazu gerne an klimafreitag@sz.de.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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