Der Laubbläser gehört für die Deutschen zu den ärgerlichsten Gegenständen der Gegenwart. Rein akustisch fällt das Urteil vernichtend aus: Laubbläser stehen an fünfter Stelle der unbeliebtesten Geräusche des Landes, geschlagen zwar von "schrillen Frauenstimmen" und "Besteck, das über Porzellan kratzt", aber deutlich vor dem Krach einer Bohrmaschine. So das Ergebnis einer Befragung eines Hörgeräte-Herstellers unter 1000 Einwohnern. Dass sie so genervt auf Laubbläser reagieren, hat wohl mit der Verbreitung der Werkzeuge zu tun: Hunderttausende Laubbläser und Laubsauger, benzinbetrieben und elektrisch, gingen in den letzten Jahren über den Ladentisch und röhrten anschließend mit bis zu 112 Dezibel im Wohngebiet - das entspricht etwa der Lautstärke eines Presslufthammers. Schon bei einer Dauerbelastung von 85 Dezibel drohen Hörschäden.
Bei den hohen Absatzzahlen steht also eine Hass-Liebe zu vermuten, Sadomasochismus im Vorgarten. Eine exakte Laubbläser-Quote ist zwar schwer zu ermitteln, ein Sprecher des Baumarkts Hornbach spricht aber von einer aktuell "sehr stark steigenden Nachfrage" nach den Geräten. Der Absatz liege deutlich über dem der letzten Jahre.
Feinstaub, Abgas, Infektionen - die Geräte haben nur Nachteile
Einigermaßen verwunderlich, bedenkt man, dass die Geräte durchweg Schaden anrichten, aber kaum größeren Nutzen haben als Harke oder Rechen. Eine Reihe von Organisationen und Fachstellen sah sich schon veranlasst, vor den Laubbläsern zu warnen. "Ihre Abgase verpesten die Luft und schaden dem Klima", erklärt etwa die Umweltschutzorganisation WWF. "Das Gewicht der Geräte erfordert unnötigen Kraftaufwand und viel schneller ist man bei der Laubbeseitigung auch nicht", meint das Umweltbundesamt.
Der Allergologe Jeroen Buters von der TU München hat die Feinstaubbelastung der Laubbläser untersucht: Die Geräte wirbelten zehn Mal so viele Partikel auf wie ein Rechen, erklärt der Forscher. In der Umgebungsluft fanden sich Schimmelpilze, Sporen und pulverisierter Hundekot. "Laubbläser pusten alles hoch und man atmet kontaminierten Feinstaub ein", sagt Buters. Er nennt die Laubbläser ein "Infektionsrisiko".
Dieses ließe sich womöglich noch mit einer Atemschutzmaske in den Griff bekommen, zumindest für den Gärtner. Für den kommt allerdings ein entscheidender Nachteil hinzu: Was Hersteller mit Schlagworten wie "Aufräumen im Garten" bewerben, hinterlässt in Wahrheit eine Schneise der Verwüstung. Bei Luftgeschwindigkeiten von 160 Kilometer pro Stunde wird so ziemlich alles eingesaugt oder weggeweht, was auf dem Boden lebt: Käfer, Asseln, Spinnen, Tausendfüßler, Regenwürmer, Insekten. Igel und Vögel stehen dann ohne schützende Schicht im aufgeräumten Unterholz. Auf lange Sicht schneidet der Gärtner sich damit ins eigene Fleisch. Herbstlaub ist in Beeten und unter Bäumen und Sträuchern ein recht guter Nährstofflieferant fürs nächste Jahr und macht Zusatzdünger meist überflüssig.
Bleibt die Frage, warum der Beliebtheit der Laubbläser nicht beizukommen ist. In den USA spekulierte die Huffington Post, es liege an der Macht der Laubbläser-Lobby. Die Hersteller der Maschinen argumentieren in den Vereinigten Staaten ein wenig so wie Ölkonzerne beim Klimawandel: Zu viele Einschränkungen oder gar Verbote würden zu höheren Kosten und weniger Jobs führen, etwa für Landschaftsgärtner. Kommunen wie Graz oder Leibnitz in Österreich haben sich vor solchen Szenarien nicht abschrecken lassen und Laubbläser kurzerhand verboten. Die Städte München und Stuttgart statten ihre Parkreiniger mittlerweile mit leiseren, elektrisch betriebenen Geräten aus. Die Energiewende im Garten hat begonnen.
Tipps zur Entsorgung von Laub finden Sie zum Beispiel auf der Website des Umweltbundesamts. In München weist die Stadt auf Einschränkungen beim Einsatz von Laubbläsern hin.