Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Falken als Vogelscheuche

In Kalifornien fressen Finken und Krähen den Winzern und Obstbauern die Früchte weg. Mit Vogelscheuchen und Feuerwerkskörpern lassen sich die Tiere nicht verjagen. Nun setzen einige Betroffene auf eine natürliche Abwehr: Raubvögel.

Von Jürgen Schmieder

Die Winzer und Obstbauern in Kalifornien waren verzweifelt. Schon einiges hatten sie sich einfallen lassen gegen die gefiederte Plage: Mit Feuerwerkskörpern, Buschtrommeln oder Gashupen hatten sie es probiert, einer schickte gar einen Angestellten als Vogelscheuche verkleidet mit einem Fahrrad über die Felder, um laut zu kreischen.

Nichts half. Die Finken und Krähen ließen sich nicht verjagen, sie kamen immer wieder und naschten einfach weiter an den Früchten, die dort herumhingen.

Der Schaden war immens, die Vögel fraßen laut einer Studie des amerikanischen Ministeriums für Landwirtschaft pro Jahr allein in Kalifornien Weinbeeren im Wert von 49 Millionen US-Dollar, dazu Kirschen (12,3 Millionen) und Blaubeeren (2,6 Millionen).

"Die Vögel haben mehr als ein Fünftel der Ernte gefressen - und uns dabei auch noch verkohlt", sagt Blaubeerzüchter Mark Flamm: "Sie haben meine Vogelscheuchen als Platz zum Ausruhen verwendet."

Der Falkner Vahe Alaverdian brachte Abhilfe: Er lässt seine Falken über den Feldern kreisen und wie zum Angriff auf die Plantage niederstürzen. Als Köder setzt Alaverdian dabei Kadaver von Tauben ein, die er an einem Seil am Boden entlang zieht. Seine Falken wissen aufgrund vieler Übungsflüge, dass sie nach ihrem Sturzflug den Kadaver bekommen und verzichten deshalb darauf, die Beerendiebe anzugreifen.

Die Vögel bekommen dennoch nach ein paar Tagen den Eindruck, dass dieses Gebiet für sie bedrohlich ist, und sie verschwinden sollten. Die Vögel werden also nicht gefährdet, sondern nur verjagt. "Es ist verblüffend, wie gut es funktioniert", sagt Flamm, "mittlerweile werden nur noch drei Prozent meiner Ernte gefressen."

Auch bedeutende Weingüter wie Gallo oder Kendall Jackson Winery benutzen Falken, um ihre Ernte zu schützen. Sie lassen die Tiere immer wieder kreisen und sturzfliegen, um den Finken und Krähen klarzumachen, dass es sich um Feindgebiet handelt.

Einen Nachteil freilich haben die scheuchenden Falken. Sie verjagen die Beerendiebe nur aus einem begrenzten Bereich. Das freilich kommt nicht besonders gut an bei den benachbarten Winzern und Obstbauern, die immer noch mit Feuerwerkskörpern, Buschtrommeln und Gashupen gegen die fressenden Vögel ankommen wollen.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2013/mcs
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