Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:EU will Handel mit Klonfleisch erlauben

Bei Bauern und Verbraucherschützern hinterlässt der Plan einen schalen Nachgeschmack: Milch und Fleisch geklonter Tiere sollen in die Läden.

C. Bolesch und S. Liebrich

Die EU will den Weg für den Verkauf von Fleisch und Milch von geklonten Tieren unter strengen Auflagen erlauben. Die Agrarminister der 27 Länder stimmten am Montag einer entsprechenden Regelung zu. Das letzte Wort ist damit aber noch nicht gesprochen, denn das Europaparlament muss den Plänen erst noch zustimmen - und dort regt sich Widerstand. Viele Abgeordnete sprachen sich in der Vergangenheit gegen eine Zulassung aus. Gesundheitsgefahren könnten nicht ausgeschlossen werden, sagte der CDU-Parlamentarier Peter Liese.

Geklonte Tiere sind Kopien existierender Tiere, die mit Hilfe von Gentechnik im Labor gezeugt und von Leihmüttern ausgetragen werden. In Europa ist der Handel mit Klonfleisch - anders als in den USA und Kanada - weitgehend ungeregelt. Reglementiert ist bislang nur die Vermarktung von Fleisch, das direkt von geklonten Rindern oder Schweinen stammt. Produkte der Nachkommen dieser Tiere können dagegen theoretisch frei gehandelt werden. Für die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) stellt die geplante neue EU-Verordnung daher eine "Verschärfung" dar.

Verbraucherschützer sehen durch den Verzehr von Klonfleisch zwar keine Gefahr für die Gesundheit und schließen sich damit der Einschätzung der europäischen Lebensmittelbehörde Efsa an. "Klonfleisch darf den Verbrauchern aber nicht ohne Kennzeichnung untergejubelt werden", forderte Foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. Trotzdem bleibt er skeptisch: "Mit dieser Technik können Zuchtfirmen Patentansprüche auf die gesamte Produktionskette erhalten. Das ist nicht im Sinne der Allgemeinheit." Auf Kritik stoßen die EU-Pläne auch bei Tierschützern. Sie verweisen auf das Leiden der Tiere. Nur wenige Klonembryonen überleben und Fehlgeburten kommen häufig vor. Klontiere gelten außerdem als krankheitsanfälliger und leben meist kürzer.

Der Deutsche Bauernverband lehnt das Klonen von Tieren ebenfalls ab. "Der jetzige Beschluss der EU ist eine reine Verbraucherschutzmaßnahme, die ethische Fragen und die Erhaltung der genetischen Vielfalt außen vor lässt", sagt Generalsekretär Helmut Born. In der amerikanischen Viehzucht ist das Klonen von Rindern, Schweinen und anderen Tieren bereits seit längerem erlaubt. Vor allem Zuchtbullen werden so vermehrt. Es geht dabei um ein Riesengeschäft. Ein wertvoller Bulle kann seinem Besitzer einen Jahresgewinn von bis zu einer Million Dollar einbringen. Da fallen die Kosten für eine Bullen-Kopie mit etwa 15000 Dollar kaum ins Gewicht. Innerhalb kürzester Zeit können so ganze Klonherden gezüchtet werden.

Die EU will den Umgang mit Klonfleisch zusammen mit anderen "neuartigen" Lebensmitteln regeln. Eine Reihe von EU-Ländern, darunter Deutschland, setzt sich dafür ein, dass es für Klonfleisch ein eigenes Gesetz gibt, um ethische Aspekte und den Tierschutz besser berücksichtigen zu können.

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SZ vom 23.06.2009/beu
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