Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Die Bananen-Seuche

Wissenschaftler warnen vor einem Pilz, der nicht nur ganze Bananen-Plantagen weltweit gefährdet, sondern sich in einem "beispiellosen Szenario einer Invasion" ausbreitet. Droht der Schädling gerade jene Sorte auszurotten, die wir besonders gern verzehren?

Katrin Blawat

Die ersten Flecken sehen harmlos aus. Doch sie genügen, um Bananen-Bauern in Sorge zu versetzen. Die kleinen Punkte auf den Blättern sind das erste Symptom der gefürchteten Schwarzen Blattmasern. Diese Bananen-Seuche wird von dem Pilz Mycosphaerella fijiensis verursacht, und der begnügt sich nicht mit einer einzelnen Pflanze, auch nicht mit einer ganzen Plantage. Vielmehr habe sich der Schädling in einem "beispiellosen Szenario einer Invasion" ausgebreitet, schreibt ein Team um Stephanie Robert vom Agrarforschungszentrum Cirad in Montpellier (Molecular Ecology, online).

Die Forscher untersuchten das Erbgut des Pilzes aus Proben, die sie von 735 Bananenblättern aus 35 Ländern gewonnen hatten. Aus den Unterschieden zwischen den Genomen der einzelnen Proben konnten die Forscher den Weg des Schädlings näherungsweise rekonstruieren. Demnach vermuten die Autoren, dass es bereits lange vor den ersten Berichten über den Pilz aus dem Jahr 1963 Infektionen gab, möglicherweise in Malaysia, Indonesien oder auf den Philippinen. Wind und Schiffsverkehr brachten die Sporen dann vermutlich nach Afrika und in mehreren Wellen nach Amerika.

Der Pilz befällt vor allem die Cavendish-Banane - jene Sorte, die am häufigsten in den Supermärkten des Westens liegt. Kann der Schädling diese Sorte ausrotten, wie oft prophezeit wird? "Nein", sagt Rony Swennen, der an der Universität Leuven in Belgien das weltweit führende Bananen-Forschungszentrum leitet. "Aber er ist eine wirtschaftliche Katastrophe." Der Pilz kann mehr als die Hälfte einer Ernte vernichten. Um das zu verhindern, sprühen viele Bauern mittlerweile im Wochenrhythmus Fungizide. Das ist nicht nur gesundheitsschädlich, sondern auch teuer. "Manchen Schätzungen zufolge bestimmt der Kampf gegen den Pilz ein Drittel der Kosten einer Banane", sagt Swennen.

Höhere Preise sind zwar ärgerlich für Verbraucher in Ländern wie Deutschland, wo jedes Jahr mehr als eine Million Tonnen Bananen importiert werden. Existenzbedrohend wirkt sich der Pilz aber vor allem in Ländern Asiens und Afrikas aus, in denen die Banane ein Grundnahrungsmittel ist. Hinzu kommt, dass weitere Krankheitserreger die Ernte gefährden. Bananenpflanzen vermehren sich asexuell, alle Exemplare einer Sorte sind also Klone. Das erschwert es den Gewächsen, Resistenzen zu entwickeln. Der Pilz hingegen ist sehr geschickt darin, sich gegen die Fungizide zu wappnen.

Swennen hofft dennoch, die Plage eindämmen zu können. "Wir brauchen dazu drei Ansätze", sagt er. Die Gentechnik solle helfen, Resistenzgene aus Wildbananen in die Kultursorten zu bringen. Gleichzeitig müsse man auf konventionellem Weg versuchen, unempfindliche und zugleich genießbare Sorten zu züchten. Und schließlich müssten die Bauern die Böden besser pflegen, damit auf ihnen widerstandsfähige Pflanzen gedeihen können. "So werden wir den Pilz nicht ausrotten - aber immerhin eindämmen", sagt Swennen.

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SZ vom 07.03.2012/mcs
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