Landwirtschaft:Deutschland verbietet Anbau von Genmais

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Stopp in letzter Minute: Unmittelbar vor der geplanten Aussaat hat Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner den Anbau von Genmais untersagt.

M. Widmann und D. Kuhr

In Deutschland darf von sofort an kein gentechnisch veränderter Mais mehr ausgesät werden. Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat am Dienstag den Anbau der bislang einzig zugelassenen Gen-Mais-Sorte Mon810 verboten. Es gebe Anzeichen, dass die Pflanze "eine Gefahr für die Umwelt" darstelle, sagte sie. Umweltschützer begrüßten das Verbot.

Genmais (rechts) ist gegen bestimmter Schädlinge besser geschützt als herkömmlicher Mais (links). (Foto: Foto: AP)

Aigner bezog sich bei ihrer Entscheidung vor allem auf neuere Untersuchungen aus Luxemburg. Diese hätten gezeigt, dass Schmetterlinge, Wasserorganismen oder auch der Zwei-Punkt-Marienkäfer durch den Gen-Mais bedroht seien, sagte ein Experte des Agrarministeriums. Zudem verbreiten sich die Pollen des gentechnisch veränderten Maises demnach stärker als bisher angenommen.

Weitere Expertisen deuteten ebenfalls auf Risiken hin. Die Ministerin setzte deshalb eine Schutzklausel in Kraft: Sie erlaubt es EU-Staaten, bei Zweifeln an der Sicherheit den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu stoppen. "Das ist keine Grundsatzentscheidung zum Umgang mit grüner Gentechnik", sagte Aigner. Es handele sich vielmehr "um eine Einzelfallentscheidung". Neben Deutschland haben fünf weitere EU-Staaten den Anbau von Gen-Mais verboten, darunter Frankreich und Österreich.

Der Mais Mon810 des US-Konzerns Monsanto ist die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die bislang in der EU zum kommerziellen Anbau zugelassen wurde. Sie produziert ein Gift gegen den Schädling Maiszünsler. Umweltschützer befürchten seit langem, dass dadurch auch andere Insekten und Schmetterlinge vernichtet werden. Sie begrüßten Aigners Entscheidung einhellig. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland lobte, dass Aigner "dem Druck großer Gentechnik-Unternehmen nicht nachgegeben" habe. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte das Verbot. Zunächst sollten alle Zweifel über die Umweltverträglichkeit ausgeräumt werden, sagte er.

Die Ministerin stand bei ihrer Entscheidung auch unter dem Druck ihrer eigenen Partei, der CSU. In Bayern protestieren Landwirte seit Jahren massiv gegen die Gentechnik, CSU-Politiker fordern eine "gentechnikanbaufreie Zone" in Bayern. Aigner betonte allerdings, das Verbot sei "entgegen anderslautender Behauptungen keine politische Entscheidung". Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sagte, Aigner habe "fachlich richtig" gehandelt und damit auch dem "übergroßen Wunsch der Bevölkerung" entsprochen.

Seehofer appellierte an den Konzern Monsanto, die Entscheidung zu respektieren und nicht dagegen zu klagen. Monsanto bezweifelt jedoch, "dass die genannten Gründe für ein Verbot ausreichen". Ein Sprecher sagte, man erwarte eine Anhörung seitens der Behörden. Sollte das Verbot Bestand haben, werde man ein Eilverfahren vor Gericht anstrengen. Mögliche Ernteausfälle der Bauern würden "sicher Gegenstand einer Schadenersatzforderung". Besonders in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bauen Landwirte den Gen-Mais an. Für dieses Jahr waren knapp 3600 Hektar angemeldet.

Enttäuscht von der Entscheidung zeigte sich Aigners Kabinettskollegin Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU). Die grüne Gentechnik sei "eine wichtige Zukunftstechnologie, von der sich weder Deutschland noch Europa verabschieden dürfen". Schavan kündigte einen runden Tisch mit Wissenschaftlern und Politikern an, um "klare Signale" für die künftige Forschung an Genpflanzen zu geben.

© SZ vom 15.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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