Kulturgeschichte:Menschen brauchen Monster

Seit Urzeiten ersinnt der Mensch Ungeheuer, Fabelwesen, groteske Figuren. Sie ängstigen und faszinieren ihn, doch er braucht sie, um sich selbst zu verstehen.

Von  Hubert Filser

Wer nach dem Ursprung der Monster und anderer wundersamer Wesen sucht, der sollte mit einem kleinen Ausflug in eine südfranzösische Höhle beginnen. Er führt weit in die Vergangenheit, vorbei an Bärenknochen und großartigen Wandzeichnungen, den ältesten der Menschheitsgeschichte, überraschend realistischen Darstellungen von Löwen, Wisenten, Bären und anderen wilden Tieren. Doch dann, im letzten Saal der Höhle von Chauvet, erscheint plötzlich ein eigenartiges Wesen: Es hat den Unterkörper einer Frau, deutlich sind Scham und Vulva zu sehen. Der Oberkörper aber ist der eines mächtigen Rindes. Die Zeichnung ist 36 000 Jahre alt. Solche Darstellungen sind typisch für die paläolithische Kunst, auch in der Schwäbischen Alb tauchen zur selben Zeit aus Elfenbein geschnitzte Löwenmenschen auf. Sie befanden sich ebenfalls im hintersten Teil der Höhlen, wo einst flackernde Talglichter verzerrte Schatten an die Wände warfen.

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