Berlin/Moskau (dpa) - Die Bundesregierung hat die Ankündigung des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko zur Verlegung russischer Atomwaffen in sein Land scharf verurteilt.
„Die von Lukaschenko behauptete Verlegung russischer taktischer Nuklearwaffen nach Belarus ist ein weiterer durchsichtiger Versuch der nuklearen Einschüchterung durch Russland“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. „Wir weisen dies entschieden zurück.“
Lukaschenko hatte am Vortag nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau gesagt, dass die angekündigte Verlegung der Waffen in das Land bereits begonnen habe.
Belarus widerspreche mit der Verlegung mehreren Erklärungen, in denen es sich international auf einen Status als nuklearwaffenfreies Territorium festgelegt habe, sagte Büchner. Russland setzte sich damit ebenfalls in deutlichen Widerspruch zur eigenen Erklärung, in der es heiße, dass alle Kernwaffenstaaten keine Kernwaffen außerhalb ihres Hoheitsgebietes stationieren sollten. „Insofern ist unsere Botschaft klar: Diese Verlegung ist ein falscher Schritt.“
Kontrolle über Atomwaffen bei Moskau
Zur Zahl der Nuklearwaffen und Orten, wo diese gelagert werden, wollte sich Lukaschenko bei seiner Ankündigung nicht äußern. „Ich werde nicht über die Zahl und über die Stationierung reden“, sagte er. Nach früheren Angaben sollen die Waffen an der Grenze zu Polen stationiert werden.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte in Minsk bei der Vertragsunterzeichnung erklärt, dass Kontrolle und Entscheidung über den Einsatz der Atomwaffen ausschließlich auf Moskauer Seite lägen. Für Belarus unterschrieb Verteidigungsminister Viktor Chrenin. Als Grund der Stationierung sagte er: „Heute übt der „kollektive“ Westen beispiellosen Druck in allen Bereichen der nationalen Sicherheit sowohl auf Belarus als auch auf Russland aus.“ Putin hatte die Stationierung auch damit begründet, dass die USA seit Jahren Atomwaffen in Europa haben, auch in Deutschland.
Belarus erhält nach der freiwilligen Abgabe seiner Atomwaffen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nun erstmals seit den 1990ern Jahren wieder nukleare Raketen. Dazu ließ Lukaschenko die Verfassung ändern, so dass kein atomwaffenfreier Status mehr festgeschrieben ist.
US-Institut sieht keine erhöhte Gefahr
Aus Sicht von Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) besteht keine wachsende Gefahr für die Ukraine. Es sei weiter extrem unwahrscheinlich, dass Putin Nuklearwaffen in der Ukraine oder anderswo einsetze, hieß es in der ISW-Analyse.
Die US-Experten sehen auch deshalb keine erhöhte Bedrohungslage, weil die Atommacht Russland schon jetzt mit ihren Nuklearwaffen Ziele überall erreichen könnte.
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