Süddeutsche Zeitung

Kosmologie:Urknall-Forscher gestehen Irrtum ein

  • Die Forscher, die im März verkündeten, mit dem Teleskop Bicep2 sogenannte Gravitationswellen vom Urknall entdeckt zu haben, räumen nun offiziell ein, dass sie sich offenbar geirrt haben.
  • Zuvor hatten bereits die Daten vom Weltraumteleskop am Satelliten Planck vermuten lassen, dass ein anderer Effekt für die Messergebnisse verantwortlich ist.

Von Marlene Weiß

Die Wissenschaftler, die im vergangenen März den Nachweis sogenannter Gravitationswellen von der Geburt des Universums verkündeten, haben sich offenbar geirrt. Daten des Weltraumteleskops an Bord des Satelliten Planck hatten das bereits vermuten lassen. Nun räumen es auch die Forscher selbst ein, die mit dem Teleskop Bicep2 am Südpol arbeiten.

Gemeinsam mit dem Planck-Team haben sie bei der Zeitschrift Physical Review Letters einen Artikel eingereicht, der eine Analyse der Daten beider Teleskope enthält. Nachdem am Freitag vorübergehend eine Zusammenfassung im Internet zu finden war, veröffentlichte die europäische Weltraumagentur Esa eine Mitteilung über den Inhalt: Demnach kann von einem Gravitationswellen-Nachweis keine Rede mehr sein.

Schon lange versuchen Forscher, einen Nachhall von den ersten Augenblicken des Universums aufzuspüren, als es sich über kurze Zeit rasant aufgebläht haben soll. Diese sogenannte Inflationstheorie ließe sich anhand der Gravitationswellen nachweisen, die in diesen Sekundenbruchteilen entstanden sein sollen - eine Art Faltenwurf der Raumzeit.

Wirbel in der kosmischen Hintergrundstrahlung

Die Wellen, falls es sie gibt, würden sich bis heute in Wirbeln in der uralten Strahlung niederschlagen, die das Universum durchdringt, sie wird kosmische Hintergrundstrahlung genannt. Solche Wirbel hatte das Bicep2-Team tatsächlich gemessen, und damit den Nachweis der Inflation beansprucht.

Aber bald meldeten Kollegen Zweifel an: Staub aus der heimischen Galaxie, der Milchstraße, könne das Bild verzerren. Im September zeigten neue Daten des Planck-Teleskops, dass dieser Effekt die ganze Bicep2-Messung erklären kann - die Bicep2-Forscher hatten ihn für viel kleiner gehalten. Die gemeinsame Analyse bestätigt nun das Planck-Ergebnis und den Irrtum des Bicep2-Teams, was den Gravitationswellen-Nachweis zunichte macht.

Damit ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass in den ersten Momenten des Universums Gravitationswellen entstanden sind, aber ihre Spuren dürften sehr schwach sein. Der Artikel der beiden Teams ist noch nicht durch den offiziellen Begutachtungsprozess gegangen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2330579
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.02.2015/sks
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.