Kommunikation im Meer:Delfine, die von Algen sprechen

Delfin

Delfine können Geräusche imitieren - aber kommunizieren sie auch damit?

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Können Delfine sprechen? Mit einem Übersetzungsgerät will eine Forscherin ein Wort der Säuger erkannt haben. Doch die Schläue der Delfine ist umstritten.

Von Christoph Behrens

Der Babelfisch ist eine nette Erfindung. Eine kleine Kreatur, die - ins Gehör eingesetzt - seinem Träger alle Sprachen des Universums übersetzt. Leider ist der Babelfisch nicht nur praktisch, sondern auch fiktiv. Er entspringt der Feder des Science-Fiction-Autoren Douglas Adams, der ihn für seinen Roman Per Anhalter durch die Galaxis erfunden hat.

Die Idee eines solchen Übersetzungsgeräts zwischen einzelnen Arten fasziniert aber auch irdische Wissenschaftler - was käme dabei heraus, richtete man diesen Universalübersetzer etwa auf Delfine aus?

Die Forscherin Denise Herzing berichtet, ihrem Team sei es gelungen, eine Art Prototyp zur Entschlüsselung von Delfinkommunikation zu bauen: Das CHAT (Cetacean Hearing and Telemetry) genannte Gerät ist ein Unterwasser-Computer, den Taucher sich um den Bauch schnallen können. Zwei Hydrophone zeichnen die Pfiffe vorbeischwimmender Delfine auf und analysieren sie. Das Gerät kann auch selbst Schallwellen abgeben und so die Delfine imitieren. Herzing nennt es ein "Interface" zur Interaktion mit den kleinen Walen.

Herzing ist eine Veteranin der Delfinforschung - seit 1985 beschäftigt sie sich im "Wild Dolphin Projekt" mit dem Sozialverhalten und der Kommunikation der Säuger. Schon länger wissen die Forscher, dass Delfine Geräusche und Pfiffe nachahmen können. Zugleich gibt es Belege, dass sich den Tieren ein Vokabular von bis zu 40 unterschiedlichen Objekten antrainieren lässt, zumindest in Gefangenschaft.

Warnung vor Vermenschlichung

Diese Lernfähigkeit nutzten die Forscher um Herzing aus: Sie brachten einer Gruppe Zügeldelfine im Atlantik vor den Bahamas Objekte zum Spielen mit ins Wasser, etwa kleine Bälle oder Algen. Gleichzeitig spielten sie ihnen über das CHAT-Gerät ein Geräusch für jedes Objekt vor, in einer selbst erfundenen Pfiffsprache.

Dann geschah das Ungeheuerliche: "Ich war im Wasser, als ich das Wort 'Sargassum' in meinem Kopfhörer hörte", berichtet Herzing in einem Blogeintrag. Sargassum - eine Braunalgenart - benutzten die Taucher, um mit den Delfinen zu interagieren. Der Delfin habe das Wort also gehört und wiedergegeben, glaubt Herzing. Eine Software im CHAT-Gerät - dieselbe, die in der Smartphone-App Shazaam Lieder im Radio erkennt - übersetzte den Delfinpfiff dann wieder ins Englische. "Das heißt nicht, dass der Delfin wusste, was er sagte", schränkt Herzing ein. "Es könnte einfach sein, dass der Delfin den Pfiff nur nachahmte", also das computergenerierte Geräusch blind imitierte, ohne sich wirklich auf die Alge zu beziehen.

Der Versuch ist daher zunächst ein Beleg dafür, dass die Technik zur Klangerkennung funktioniert, nicht dafür, dass Delfine tatsächlich über eine Sprache verfügen. Denn das ist keineswegs gesagt. "Es ist wahrscheinlich nicht der Fall, dass Delfine eine eigene Sprache verfügen, die so komplex wie die menschliche ist", schreibt der Biologe Justin Gregg in dem Buch "Are Dolphins really smart?" Darin warnt Gregg vor einer Vermenschlichung und Verklärung der Delfine zu friedliebenden Unterwasserpersonen. Es sei auch unwahrscheinlich, dass sie eine künstliche Zeichensprache lernen könnten, argumentiert Gregg.

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