Manchmal vergeht Zeit mit kleinen Kindern nur zäh. Die Murmeln sind schon zu oft über die Kugelbahn gerollt; der Turm aus den didaktisch wertvollen Holzbauteilen wurde bereits vielfach errichtet und zerstört; und das Puzzle für die Kleinen liegt auch irgendwo herum. Da sitzen Mutter oder Vater dann mit den Kindern und schielen auf ihr Smartphone. Oder versuchen nebenher in der Zeitung zu lesen, die aufgeschlagen auf dem Tisch liegt und offiziell als Spielunterlage dient. Eltern lassen sich so leicht ablenken, wenn sie mit ihren Kindern spielen.
Die Kognitionsforscher Chen Yu und Linda Smith von der Universität Indiana haben nun eine Studie in Current Biology veröffentlicht, aus der alle unaufmerksamen Eltern ihr schlechtes Gewissen nähren können. Kurz gesagt, lautet die Botschaft: Wenn Eltern beim Spiel abgelenkt sind, könnte das die Entwicklung des Konzentrationsvermögens ihrer Kinder langfristig beeinträchtigen.
Für ihre Experimente untersuchten die Wissenschaftler, wie 36 Eltern-Kind-Paare interagierten. Jeweils ein Vater oder eine Mutter hatten die Aufgabe, mit ihrem Baby zu spielen. Die Kinder waren zwischen elf und 13 Monate alt. Die Paare saßen an einem Tisch, auf dem drei Spielzeuge lagen. Mit Eyetrackern verfolgten die Forscher, worauf sich die Blicke der Probanden richteten. Blickte ein Erwachsener oder ein Kind länger als einige wenige Augenblicke auf einen Gegenstand, galt dies als Merkmal zielgerichteter Aufmerksamkeit. Je intensiver die Eltern eines der Spielzeuge fixierten, desto genauer richteten auch die Kleinen ihre Aufmerksamkeit darauf - ihre Konzentration fokussierte sich in diesen Fällen einige Sekunden länger auf ein spezielles Spielzeug.
Auf Situationen außerhalb eines Labors bezogen, bedeutet das: Wenn Eltern mit dem Smartphone spielen, auf die Zeitung schielen oder sonst wie abgelenkt sind, dann leidet auch die Konzentration der Kleinen beim Spielen. Natürlich handelt es sich erst mal um winzige Banalitäten, es steht ja nicht gleich der Schulerfolg auf dem Spiel, nur weil Papa an der Kugelbahn abwesend wirkt. Da sich solche kleinen Momente im Laufe eines Kinderlebens aber summierten, so argumentiert Smith, könnten abgelenkte Eltern eben doch die Entwicklung der Konzentrationsfähigkeit ihrer Kinder beeinträchtigen.
Die Fähigkeit, dem Blick eines anderen zu folgen, entwickelt sich etwa im Alter von einem Jahr. Dass dies beim Lernen und in der Entwicklung eine wichtige Rolle spielt, haben Peter Mundy und Lisa Newell von der Universität Florida vor einiger Zeit in Current Directions in Psychological Science beschrieben.
Aber bitte, liebe Eltern, jetzt nicht in Panik ausbrechen. Überehrgeizig mit dem Kind zu spielen, sei auch nicht hilfreich, so Chen und Smith. Am stärksten fokussiert es die Aufmerksamkeit aller Beteiligten, wenn Erwachsene den Kindern beim Spiel die Führung überlassen und einfach nur mitmachen.