Dass es für eine gute Sache mehr Spender als Bedarf gibt, kommt selten vor - und wenn, dann höchstens am Kuchenbuffet des Schulvereins oder vielleicht bei der Altkleidersammlung. Aber auch Friedrich Paulsen ist in der erfreulichen Situation sagen zu können: "Die Nachfrage potentieller Spender liegt seit vielen Jahren über dem tatsächlichen Bedarf." Paulsen ist Vorstandsmitglied der Anatomischen Gesellschaft, und er spricht über Menschen, die nach dem Tod ihren Körper der Wissenschaft zu Forschungs- und Übungszwecken zur Verfügung stellen wollen.
Das sind inzwischen so viele, dass viele medizinischen Fakultäten den Andrang drosseln müssen. Etwa zwei Drittel von ihnen verlangen sogar Geld für die Spende - von den Spendern, wohlgemerkt. Und das, obwohl deren Gabe für die Ausbildung der Studenten unverzichtbar ist, damit diese an den Leichen die menschliche Anatomie praktisch kennenlernen können.
"Die Körperspende ist ein immens wichtiger Dienst an der Allgemeinheit", sagt Paulsen. Dennoch verlangt auch die Universität Halle-Wittenberg, an der er als Professor für Anatomie forscht und lehrt, eine Selbstbeteiligung der Spender von 750 Euro. "Damit liegen wir im unteren Bereich", sagt er. Die Spanne in Deutschland reiche von 600 bis 1200 Euro, was allerdings keinesfalls ein Ausdruck von Profitgier sei.
Vielmehr sind die Universitäten enormen Kosten für die Bestattung ausgesetzt, seit im Jahr 2004 das Sterbegeld gestrichen wurde. Dieser Betrag - zuletzt 525 Euro, bis 2003 das Doppelte - wurde im Todesfall von den Krankenkassen ausgezahlt. Bei den Körperspendern ging er direkt an die Hochschulen, davon konnten sie zumindest teilweise die Kosten der Beerdigung decken.
"Niemand spendet nur aus monetären Erwägungen"
Seit 2004 aber stehen die Universitäten alleine da mit den Ausgaben. Die sind in Deutschland hoch: Eine Bestattung kostet im Schnitt 4000 Euro. Das ist nicht nur für die Fakultäten viel, sondern auch für die Sterbenden. Wer seinen Körper für 600 bis 1200 Euro spendet, tut also nicht nur Gutes, sondern spart auch eine Menge Geld.
Joachim Kirsch, Professor in Heidelberg, betont trotzdem: "Niemand spendet nur aus monetären Erwägungen. Das altruistische Motiv spielt eine noch größere Rolle." Ausgeprägt sei das Sparmotiv eher bei Verwandten, die schwer erkrankte Familienmitglieder zur Körperspende anmelden wollen. "Dies akzeptieren wir natürlich nicht", sagt er.
Auch sonst gelten an Kirschs Institut strenge Annahmebeschränkungen. Weil Heidelberg zu der Minderheit der Universitäten zählt, die von Körperspendern kein Geld verlangt, muss ihre Zahl auf das Nötigste begrenzt werden. Deshalb dürfen sich ausschließlich Menschen aus der Region bewerben, zudem werden nur an drei Tagen im Jahr Anmeldungen angenommen.
An Fakultäten, die von den Spendern Gebühren verlangen, werden hingegen meist alle Aspiranten akzeptiert - selbst wenn klar ist, dass ihre Körper aufgrund einer zehrenden Krankheit oder eines Tumors ganz offentlichlich nicht zu Präparationszwecken genutzt werden können.
An der Universität Lübeck etwa wird aus ethischen Gründen niemand abgelehnt. Dort schreiben sich jährlich etwa 130 Spender ein, dringend gebraucht werden nur 50. So muss die Universität regelmäßig mehr Körper bestatten, als in den Kursen zum Einsatz kommen. Deshalb verlangt sie 1050 Euro für jede Anmeldung. Begraben wird übrigens nicht in Lübeck, sondern in der Nachbargemeinde Groß Grönau. Da sind die Friedhofsgebühren billiger.