Knappes Luxusgut:Weihrauch und Untergang

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Feueralarm: Den Katholiken und Orthodoxen geht der Weihrauch aus - schuld sind Tiere mit langen Hörnern. Aber nicht der Teufel. Immerhin.

Rudi Neumaier

Am ersten Adventssonntag ist die Freiwillige Feuerwehr des Wallfahrtsortes Altötting mit 35 Mann ausgerückt. Alarm in der Stiftspfarrkirche, die Feuermelder in der Sieben-Schmerzen-Kapelle schlugen an. Doch gottlob brannte es nicht. Der Pfarrer, der in der kleinen Kapelle eine Messe nach dem alten tridentinischen Ritus feierte, hatte es mit dem Räuchern übertrieben. Wie es aussieht, muss der Geistliche künftig sparsamer umgehen mit Weihrauch. Nicht nur wegen der Feuermelder. Sondern vor allem wegen der ökologischen Gesamtlage: Weihrauch wird knapp auf der Welt.

Weihrauch: Knappes Gut (Foto: dpa/dpaweb)

Das Journal of Applied Ecology meldet, Wissenschaftler der niederländischen Universität von Wageningen schlügen Alarm - und dieser Alarm ist nun wirklich ernst zu nehmen: In den kommenden 15 Jahren werde der Bestand an Boswellia-Bäumen, aus deren Rinde das Weihrauch-Harz gewonnen wird, um etwa die Hälfte zurückgehen. Als eine Ursache des Weihrauchwaldsterbens haben die Forscher eine Käferart identifiziert, die lange Hörner trägt und ihre Eier unter die Boswellia-Rinden legt.

Bei Tieren mit langen Hörnern mag manchem der Teufel einfallen, der Schwefelige, der keinen Weihrauch verträgt und ihn womöglich auf besonders perfide Weise aus der Welt katalysieren will. Doch der misslichen Prognose für die Bäume liegen auch menschliche Maßnahmen zugrunde: Rodungen wie in Jemen und Oman zum einen, zum anderen - gerade in Äthiopien - die Umwandlung der Wälder in landwirtschaftliche Flächen und Überweidung. "In den nächsten fünfzig Jahren wird die Boswellia-Population zurückgehen, und das bedeutet letztendlich, dass die Weihrauchproduktion dem Untergang geweiht ist."

Was hieße, dass die katholische Kirche langfristig vom Reinheitsgebot abweichen müsste. Die Lösung? Synthetischer Weihrauch? Oder gar andere Düfte? In Esoterikläden sollen Sandelholz-Räucherstäbchen gerade der Renner sein.

© SZ vom 22.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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