Erderwärmung:Dürre ohne Ende

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Mehr als sieben Jahre hält die Dürre in Kalifornien bereits an. (Foto: Michael Nelson/dpa)

Der Südwesten der USA befindet sich in einer der trockensten Perioden seit Jahrtausenden - und diese Phase ist noch nicht vorbei. Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Von Christopher Schrader

Im Südwesten der USA haben viele gedacht, sie hätten es geschafft. Die Durststrecke - im wahrsten Sinne des Wortes - sei vorbei, eine lange Trockenphase Geschichte. Im März 2019 wurde die Dürre in Kalifornien nach gut sieben Jahren offiziell für beendet erklärt, im Juni 2019 auch in Arizona. Die Niederschläge in großen Teilen der Region waren im vergangenen Jahr überdurchschnittlich.

Was Park Williams von der Columbia University im fernen New York dazu sagt, wird im Südwesten daher vermutlich niemand gern hören: Die Megadürre sei noch nicht vorbei, und die Region könne auch danach über Jahrhunderte sehr trocken bleiben. "Das ist im Moment keine Prognose, aber es ist möglich", sagt der Bio-Klimatologe. "Wir haben jetzt genug Daten der jetzigen Dürre und Messungen von Baumringen aus früheren Trockenzeiten, um zu sagen, wir sind auf dem gleichen Pfad wie bei den schlimmsten Dürren der Geschichte."

Die historischen Vorgänger der Megadürre dauerten Jahrzehnte

Unter einer Megadürre verstehen Williams und sein Team von neun US-Hochschulen und -Laboren in ihrer aktuellen Studie in Science eine mindestens 19-jährige Periode, die im Schnitt trockener war als jede 19-jährige Vergleichsperiode im Südwesten der USA im 20. Jahrhundert. Um zu rekonstruieren, welche so langen Trockenheitsphasen die Region bereits erlebt hat, kombinieren die Forscher die instrumentellen Messungen des 20. Jahrhunderts mit 1586 Datensätzen von Baumringen, die in trockenen Jahren viel schmaler sind als in regenreichen. Zusammen liefert das ein Maß, wie viel Wasser dem Boden in neun US-Bundesstaaten von Wyoming bis Kalifornien bis zurück ins Jahr 800 fehlte.

Fünf solche Megadürren zeigen sich in den Daten. Von 866 bis 898, 1133 bis 1172, 1271 bis 1310, 1575 bis 1603 und 2000 bis 2018 war der Boden stärker ausgedörrt als jemals im 20. Jahrhundert, einschließlich der berüchtigten Dustbowl-Zeit der 1930er-Jahre. Dabei war die Trockenphase am Ende des 16. Jahrhunderts die schlimmste: Sie hatte dazu geführt, dass blühende Kulturen der Ureinwohner im Südwesten verschwanden; sie hinterließen beeindruckende Felspaläste. Die aktuelle Wasserarmut liegt nur knapp hinter den Dekaden vor 1600, und zu bestimmen, welche schlimmer ausfällt, ist statistisch nicht einfach. Vor allem aber ist sie nach den Kriterien des Williams-Teams noch nicht vorbei.

Die Klimaforscher sehen die Ursachen für die Megadürren der Vergangenheit in einer großen natürlichen Variabilität. Veränderungen der Wärmeverteilung im Pazifik lassen die Winterstürme immer wieder nördlich an der Region vorbeiziehen, der dann der Regen entgeht. Dazu kommen Zyklen der Sonnenflecken sowie Vulkanausbrüche, die mit ihrem Auswurf das globale Wetter prägen können.

Ein zusätzlicher Einflussfaktor heute: der Klimwandel

Doch die jüngste Dürre hat einen weiteren Einflussfaktor: den Klimawandel. Die Erde hat sich bereits um ein Grad Celsius aufgeheizt. Die zusätzliche Wärme erhöht den Flüssigkeitsverlust des Bodens, zugleich verschieben sich Niederschlagsmuster. Überall auf der Welt ist zu beobachten, dass nasse Gegenden noch nasser werden, und trockene noch trockener. "Weil es immer wärmer wird, sind die Würfel immer stärker gezinkt", sagt Williams. "Wir können Glück haben, und die natürliche Variabilität bringt uns für eine Weile mehr Regen. Aber in Zukunft werden wir mehr und mehr Glück brauchen, um aus einer Dürre auszubrechen." Diese Schlussfolgerung bestätigen Kollegen, die an der Studie nicht beteiligt waren. "Die wärmeren Bedingungen werden die Dürren verschärfen, sie schwerer, länger und räumlich ausgedehnter machen, als sie es sonst gewesen wären", sagt Connie Woodhouse von der University of Arizona.

Genau das ist bei der jüngsten Dürre bereits zu bemerken, zeigt das Team um Park Williams in seiner Studie. Zum einen ist sie die erste solche Trockenphase, die überall im Südwesten der USA zu spüren war. Zum anderen lässt sich mithilfe moderner Klimamodelle der Einfluss der von der Menschheit freigesetzten Treibhausgase auf die Temperaturen in den neun Bundesstaaten berechnen. Die Dürre von 2000 bis 2018 hätte ohne den Einfluss der Erderhitzung demnach nur zur Schar der 35 "normalen" Trockenphasen gehört, die es seit dem Jahr 800 gegeben hat.

Fast 50 Prozent der Dürre sind auf den Klimawandel zurückzuführen

"Ohne den Klimawandel wäre es nur eine weitere Episode von reduziertem Niederschlag, geringer Bodenfeuchte und schlechtem Baumwachstum", schreibt David Stahle von der University of Arkansas in einem begleitenden Kommentar in Science. "Aber so ist die ernüchternde Schlussfolgerung, dass 47 Prozent der Schwere der momentanen Megadürre der menschengemachten Klimaerwärmung zuzuschreiben sind."

Im heutigen Amerika werden diese klaren Worte jedoch bei all jenen verhallen, die wie der Präsident und seine Mannen den Klimawandel als aufgebauschte Gefahr abtun. Sie machen in vielen Teilen des Südwestens deutliche Mehrheiten aus. Ihre Vorstellungen von ihrer Heimat sind dabei aber von einer historischen Illusion geprägt: Die große Expansion im Südwesten, in den Millionen Menschen des guten Wetters, des wirtschaftlichen Booms und vielleicht auch des kalifornischen Lebensstils wegen gezogen sind, geschah in einer absoluten Ausnahmezeit. In der Periode von 12 Jahrhunderten, auf die Park Williams und sein Team zurückblicken, war der Südwesten nie so feucht wie im 20. Jahrhundert. "Das hat uns einen übermäßig optimistischen Eindruck davon vermittelt", sagt Co-Autor Benjamin Cook, "wie viel Wasser es dort geben könnte."

© SZ vom 20.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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