Klimawandel:Warum der Eisbär schrumpft

Höhere Temperaturen, Trockenheit und mehr Kohlendioxid in der Luft führen möglicherweise dazu, dass etliche Arten an Größe verlieren. Das, so warnen Wissenschaftler, könnte Folgen für unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln haben.

Auch wenn ein einzelner besonders heißer Sommer, ein Winter ohne Schnee oder Überschwemmungen in Thailand für sich genommen noch kein eindeutiges Anzeichen für den Klimawandel sind - langsam machen sich offenbar langfristige Auswirkungen der Erderwärmung auf Tiere und Pflanzen bemerkbar.

A polar bear jumps into water at the St.Felicien Wildlife Zoo in St. Felicien

Auch Eisbären werden offenbar immer kleiner. Eine Folge des Klimawandels, sagen einige Forscher.

(Foto: REUTERS)

Zu den Folgen gehört offenbar auch das Schrumpfen einiger Spezies: Wie Wissenschaftler der National University of Singapore jetzt berichten, "zeigen viele Arten bereits heute eine verringerte Körpergröße als Reaktion auf die globale Erwärmung und erhöhte Kohlendioxidwerte".

Jennifer Sheridan und David Bickford haben für ihre Untersuchung Fossilienfunde, Laborexperimente und Freilandstudien analysiert. Dabei ging es ihnen darum, mögliche Zusammenhänge zwischen Körpergröße und Umweltbedingungen wie Temperatur, Kohlendioxidkonzentration der Luft und Niederschlag zu überprüfen.

Wie sie im Fachmagazin Nature Climate Change berichten, zeigten Laborexperimente zum Beispiel, dass die Triebe und die Masse der Früchte von mehreren Pflanzenarten - etwa Baumwolle und Mais - mit jedem zusätzlichen Grad um drei bis 17 Prozent schrumpfen. Bei Fischen wie Lachs, Hering und Karpfen sind es sechs bis 22 Prozent, und auch bei Vögeln wie den Spatzen und Säugetieren wie etwa dem Rothirsch und Eisbär wurde eine Verkleinerung beobachtet.

Dazu kommen noch einige Amphibien und Reptilien. Insgesamt 85 Arten gingen in die Studie ein - und immerhin 38 sind demnach geschrumpft, neun dagegen zeigen die gegenteilige Reaktion auf höhere Temperaturen.

Die Veränderung der Körpergröße hängt vermutlich damit zusammen, dass die Stoffwechselrate der betroffenen Tiere mit der Temperatur steigt. Das bedeutet, sie müssen mehr Nahrung aufnehmen. Oder die Art passt sich an und schrumpft.

Umgekehrt, so besagt die sogenannte Bergmannsche Regel, werden Tiere in kalten Regionen größer, da dort das Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen ihres Körpers dazu führt, dass der Wärmeverlust im Verhältnis zur eigenen Wärmeproduktion geringer ist.

"Die Folgen des Schrumpfens sind noch nicht vollständig verstanden", schreiben die Wissenschaftler, "aber sie können sowohl für die Artenvielfalt wie für die Menschheit weitreichend sein." Und die Veränderungen werden sich ihnen zufolge wahrscheinlich negativ auswirken. Schließlich sind sowohl Pflanzen und Tiere - etwa Fische - betroffen, die immense Bedeutung für unsere Ernährung haben.

Nicht alle Experten sind von dieser Schlussfolgerung überzeugt. So erklärte etwa Yoram Yom-Tov von der Universität Tel Aviv, auf dessen Studien Sheridan und Bickford ebenfalls zurückgegriffen haben, dass nicht der Klimawandel allein die Ursache sein muss. "Die Veränderungen der Körpergröße sind ein normales Phänomen", sagte er der Nachrichtenagentur AP. Auch US-Klimaexpertin Terry Root von der Stanford University bezeichnete die Schlussfolgerung seiner Kollegen als "etwas weit hergeholt".

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