Klimawandel:Warnung vor der "Sprache der Angst"

Der Mensch spielt eine wichtige Rolle beim Klimawandel - daran zweifelt heute kaum noch jemand. Inzwischen streiten sich Klimaforscher eher mit Alarmisten, die übertriebene Katastrophenszenarien beschwören, sagt ein britischer Wissenschaftler.

Der Streit zwischen Skeptikern des Klimawandels und jenen,die davor warnen ist einem Disput zwischen den Warnern und Alarmisten gewichen. Doch dramatische Beschwörungen bevorstehender Katastrophen sind kontraproduktiv, sagt der Klimawissenschaftler Mike Hulme.

Klimawandel: Teilnehmer einer Demo der Stop Climate Chaos Coalition in London.

Teilnehmer einer Demo der Stop Climate Chaos Coalition in London.

(Foto: Foto: AP)

"Der Klimawandel ist eine Realität, und die Wissenschaft bestätigt, dass menschliche Aktivitäten dabei eine große Rolle spielen", erklärt der Forscher im britischen Nachrichtensender BBC.

Doch diese Feststellung ist für die Öffentlichkeit offenbar nicht dramatisch genug, kritisiert der Direktor des Tyndall Centre for Climate Change Research.

"Bedürfnis nach Umwelt-Dramatik"

Es braucht heute offenbar starke Adjektive wie "katastrophal", "unumkehrbar" oder "rapide", um Aufmerksamkeit zu erregen.

Hulme, selbst kein Klimawandel-Skeptiker, wird nach eigenen Angaben zunehmend von Umweltschützern kritisiert, da seine Erklärungen deren "Bedürfnis nach Umwelt-Dramatik und übertriebener Rhetorik nicht befriedigen".

Selbst Politiker wie Tony Blair und sogar Wissenschaftler nutzten inzwischen eine "Sprache der Angst, des Terrors und der Katastrophen", anstatt sachlich mit der beobachtbaren Realität des Klimawandels umzugehen.

Die Sprache der Angst und des Terrors aber wirke den Bemühungen entgegen, Menschen die Notwendigkeit von Verhaltensänderungen zu vermitteln oder sie zu solchen Veränderungen zu bewegen.

Angst und Stress

Wenn die Bedrohung durch den Klimawandel Angst und Stress erzeugt, wird sie zur selbsterfüllenden Prophezeiung, warnt Hulme: "Durch das Aufbauschen verschlimmern wir über psychologische Verstärker gerade jene Risiken, die wir abzuwehren versuchen."

Der Umgang mancher Umweltschützer mit dem Klimawandel erinnert Hulme sogar an die übertriebenen Warnungen vor einer angeblichen Bedrohung der Welt durch irakische Massenvernichtungswaffen.

Die Szenarien, die die UN-Organisation IPCC bislang vorgestellt hat - und im Januar erneut vorstellen wird - seien bedeutend genug, um die Gesellschaft zu Verhaltensänderungen zu bewegen - auch ohne eine bevorstehende Katastrophe- und Chaos zu beschwören.

"Ich glaube, dass der Klimawandel real ist, und dass etwas unternommen werden muss", stellt Hulme fest. Doch die Rede von bevorstehenden Katastrophen könnte die Gesellschaft auf eine depressive und rückschrittliche Bahn bringen.

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